Ungemütlicher Empfang

  • Jenny Becker
  • Lesedauer: 2 Min.
Nur ein paar Hundert Demonstranten protestierten gegen den Auftakt des diesjährigen Atomforums. Den Tagungsteilnehmern wurde dennoch ein Empfang mit Hürden bereitet.
Am Berliner Alexanderplatz machen Aktivisten auf Atomopfer aufmerksam.
Am Berliner Alexanderplatz machen Aktivisten auf Atomopfer aufmerksam.

Die Tagungsteilnehmer in dunklen Anzügen wuchten ihre Rollkoffer über die rot-weißen Absperrgitter vor dem Haupteingang zum Berlin Congress Center (BCC). Dann zögern sie, schauen unsicher zu den Polizisten, die sie begleiten. Schließlich klettern sie mit gerafften Hosenbeinen über die Gitter oder ducken sich darunter durch. Die Menge ruft: »Schämt euch!« und »Abschalten!«.

Es war nur eine kleine Schar Aktivisten, die den Auftakt der »Jahrestagung Kerntechnik« am Dienstag störte. Das Bündnis »Atomforum blockieren« spricht von ein paar Hundert Teilnehmern, die Polizei von höchstens 150. Im Vergleich zu den Dimensionen, die Anti-Atom-Proteste sonst annehmen, ist das nichts. Trotz der Gitter und der 200 Polizeibeamten, die um das Kongressgebäude aufgestellt waren, um Blockierer abzuhalten, sammelten sich am Mittag etwa 100 Demonstranten rund um den Eingang des BCC. »Atomausstieg selber machen« und »Atomforum schottern« stand auf ihren Bannern. Die hochkarätigen Besucher mussten zur Freude der Protestler über die Absperrgitter klettern, um zur Auftaktveranstaltung zu gelangen. Auch der Präsident des Atomforums, Ralf Güldner, war darunter.

»Es ist uns gelungen, Aufmerksamkeit zu erregen und etwas dagegen zu tun, dass die Atomlobby heimlich tagt«, resümiert Eva vom Bündnis »Atomforum blockieren«. Dennoch äußerten sich viele Demonstranten enttäuscht über die geringe Beteiligung. »Fukushima ist erst ein paar Wochen her und schon interessiert das Thema niemanden mehr«, ärgert sich Alex. Der Student hat blutige Kratzer im Gesicht. Gemeinsam mit einem Dutzend Aktivisten hat er zuvor die Kreuzung vor dem BCC blockiert. Die jungen Leute wurden schließlich durch die Polizei von der Straße gezerrt. Es habe eine kurzfristige Festnahme gegeben, doch keine Verletzten, so ein Polizeisprecher. Die Protestler sprachen von einigen Verletzungen durch Schläge.

Zeitgleich fand in Sichtweite des BCC gemäßigterer Protest mit etwa 50 Beteiligten statt. Die Naturfreunde Berlin betonierten in einer symbolischen Aktion ein Atomkraftwerk ein. Uwe Hiksch, Mitglied im Bundesvorstand der Naturfreunde, war schon am Morgen klar, das eine Blockade der Tagung kaum möglich sein wird. Ziel sei gewesen, es dem Atomforum in Berlin »so ungemütlich wie möglich zu machen«. Er hofft, dass sich das Atomforum bald wandelt – zum »AKW-Abbau-Forum«.

Am Montag Abend waren 500 bis 600 Demonstranten zum BCC gezogen. Dabei wurden Farbbeutel auf ein Vattenfall-Gebäude geworfen. Nach der geringen Protestbeteiligung gehen die Blicke nun nach vorne – auf die bundesweiten Großdemonstrationen am 28. Mai.

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