Ex-Parteichef verlässt Bayerns SPD

Schlammschlacht im Bezirk Oberfranken

  • Manfred Präcklein, dpa
  • Lesedauer: 3 Min.
Tiefschlag für Bayerns ohnehin gebeutelte SPD: Der frühere Landesvorsitzende Wolfgang Hoderlein hat sein Parteibuch zurückgegeben. Als Grund nannte der 58-Jährige den angeblich intriganten Führungsstil der SPD-Bezirksvorsitzenden Anette Kramme.
Kulmbach/Bayreuth. Der ehemalige Landesvorsitzende der bayerischen SPD, Wolfgang Hoderlein, ist überraschend aus der Partei ausgetreten. Zur Begründung verwies der 58-jährige Kulmbacher auf den Führungsstil der SPD-Bezirksvorsitzenden Anette Kramme. Sie habe die SPD in Oberfranken in ihrer nunmehr vierjährigen Amtszeit auf einen historischen Tiefpunkt geführt, sagte Hoderlein am Freitag der dpa. Die Mitgliederzahlen der SPD seien in Oberfranken seither stärker zurückgegangen als andernorts. Zudem sei die Partei in den Medien kaum mehr wahrzunehmen.

»System der Patronage«

Kramme habe »zusammen mit einigen Helfershelfern ein System intriganter Patronage errichtet«, schrieb Hoderlein in einer Presseerklärung. Einer solchen Organisation könne er nicht mehr angehören. Ausschlaggebend für seine Entscheidung sei der SPD-Bezirksparteitag am vergangenen Samstag in Marktredwitz gewesen, bei der es keinerlei Debatten über politische Inhalte und den Führungsstil der Bezirksvorsitzenden gegeben habe. »Das war für mich das berühmte Tüpfelchen auf dem ›i‹«, sagte Hoderlein.

Hoderlein war von 1990 bis 2008 Mitglied des Bayerischen Landtages. 1996 übernahm der ehemalige Lehrer aus Stadtsteinach (Landkreis Kulmbach) das Amt des Generalsekretärs der Bayern-SPD. Im Jahr 2000 wurde er dann als Nachfolger von Renate Schmidt zum SPD-Landesvorsitzenden gewählt. Nach dem enttäuschenden Abschneiden seiner Partei bei der Landtagswahl im September 2003 trat Hoderlein aus gesundheitlichen Gründen zurück. Die Partei hatte bei der Landtagswahl 2003 mehr als neun Prozentpunkte verloren und war erstmals unter die 20-Prozent-Marke gestürzt.

Hoderlein gehörte der SPD seit 1974 an. Seit 2008 vertritt er die SPD als Fraktionsvorsitzender im Bezirkstag von Oberfranken. In seiner Erklärung verwies er darauf, dass er als einziger in der Geschichte der Bayern-SPD Vorsitzendenfunktionen auf allen Ebenen vom Ortsverein über den Kreis, den Unterbezirk und den Bezirk bis hin zum Landesverband inne gehabt habe.

Kramme bedauerte den Schritt Hoderleins. Er sei aus Ausdruck tiefer Verbitterung nach seinem Scheitern als Landesvorsitzender der SPD. Den Vorwurf eines intriganten Führungsstils wies die 43-Jährige Bundestagsabgeordnete aus Bayreuth zurück. Der Bezirksparteitag sei völlig harmonisch verlaufen. Neben den Neuwahlen sei auch ausführlich über Anträge beraten worden. Hoderlein habe sich weder zu Wort gemeldet noch selbst zur Wahl gestellt, betonte Kramme. Sie wurde mit 68 von 80 Stimmen in ihrem Amt bestätigt.

Kampfabstimmung 2007

Die Rivalität zwischen Hoderlein und Kramme reicht bis ins Jahr 2007 zurück. Damals hatte Kramme die amtierende Bezirksvorsitzende, die frühere Kulmbacher Oberbürgermeisterin Inge Aures nach einer Kampfabstimmung abgelöst. Bei einer Wiederwahl als Bezirkschefin hätte Aures – eine langjährige politische Weggefährtin Hoderleins – gute Chancen gehabt, Kramme von einem aussichtsreichen Listenplatz bei der Bundestagswahl 2009 zu verdrängen.

Nach ihrer Niederlage gegen Kramme verzichtete Aures auf eine Kandidatur für den Bundestag. Stattdessen zog sie 2008 als Nachfolgerin Hoderleins im Stimmkreis Kulmbach in den Bayerischen Landtag ein
Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal