Unterwegs für die Energiewende

Hunderttausende beteiligten sich am Umweltfestival und der Fahrradsternfahrt

  • Jenny Becker
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Sonne brannte rote Muster auf die Haut der Besucher in Berlin, die über die Straße des 17. Juni flanierten, der Wind zupfte eifrig an Luftballons und Fahnenstangen. Auf dem Umweltfestival, das sich am Sonntag zwischen Brandenburger Tor und Siegessäule erstreckte, waren die Naturkräfte deutlich zu spüren. Mit einer Rekordbeteiligung von 269 Ausstellern fand das vom Umweltverband Grüne Liga organisierte Fest bereits zum 16. Mal statt.

Auch an den bunten Ständen war die Wirkung der Sonnenenergie zu bestaunen. In einem schwarzen Topf köchelten Wiener Würstchen vor sich hin – erhitzt wurde das Wasser allein durch Sonnenstrahlen. Die silberne Metallschüssel, die deren exakte Bündelung ermöglichte, zog allerhand Aufmerksamkeit auf sich. Konstruiert haben den Solarkocher die auszubildenden Anlagenmechaniker des bbw Bildungswerks der Wirtschaft Berlin-Brandenburg. Er soll an gemeinnützige Einrichtungen verliehen werden, um auf deren Sommerfesten als mobile Kochstelle zu dienen.

Die Veranstalter schätzen, dass sich rund 100 000 Besucher über die vielfältigen Möglichkeiten von Klimaschutz und Nachhaltigkeit informierten. Nebenbei verkosteten sie Grüne Smoothies (Säfte) aus Wildkräutern oder selbstgebackene Brote aus der Region.

»Das Bewusstsein für Umweltthemen steigt«, freut sich Stefan Richter, Geschäftsführer der Grünen Liga. Er erinnert sich daran, dass vor 16 Jahren kaum einer etwas über Erneuerbare Energien wusste. »Da haben wir sogar Stepptanz auf Solarzellen aufgeführt, um zu zeigen, dass die stabil sind.« Doch er sieht auch, dass es noch viel zu tun gibt. »In Berlin bezieht immer noch die Mehrheit der Kunden Atomstrom durch Betreiber wie Vattenfall.« Auch effiziente Haushaltgeräte seien längst noch nicht selbstverständlich. Die geplante Energiewende sei ein wichtiger Anfang, doch ohne die Beteiligung jedes Einzelnen könne sie nicht gelingen. »Mit dem Umweltfest wollen wir zeigen, wie einfach es ist, zu handeln, und wie viele tolle Lösungen es bereits gibt«, erklärt Richter.

Wegen des diesjährigen Mottos »Klimaschutz bewegt!« war die Mobilität ein Schwerpunktthema auf der ökologischen Erlebnismeile. Der Ökostromanbieter Entega präsentierte die erste Elektro-Schwalbe. Leise summend fuhren die Prototypen in Weiß und knalligem Orange die Straße entlang. Ohne Benzingeruch und schädliche Abgase. Die Roller, die den kultträchtigen Simson-Schwalben nachempfungen sind, laufen über Akkubetrieb. Nach 60 Kilometern muss der Akku aufgeladen werden, bequem an der Steckdose. Pro 100 Kilometer kostet das weniger als 75 Cent, verspricht Entega, der dazu einen Extra-Tarif anbieten wird – natürlich mit Ökostrom.

Den Umstehenden gefällt die E-Schwalbe. »Ich könnte mir vorstellen, dass wir solche Roller in unserem ambulanten Pflegedienst einsetzen«, überlegt Renate Schwengler. Mit ihrem Ehemann schlendert sie gerne über das Umweltfestival, »um zu sehen, was es so Neues gibt«. Trotzdem ist sie noch Vattenfall-Kundin, die Skepsis gegenüber den vielen alternativen Anbietern ist zu groß.

Am Nachmittag gesellten sich tausende Radler zu den Flaneuren. Gegen 14 Uhr endete die 35. Fahrradsternfahrt des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) direkt auf dem Umweltfestival. Unter dem Motto »Freie Fahrt für freie Räder!« rollten 150 000 Teilnehmer auf 19 Routen durch Berlin, um für freie Radspuren zu demonstrieren. »Das achtlose Zuparken von Radspuren muss ein Ende haben«, forderte Sarah Stark, Vorsitzende des ADFC Berlin. Falschparker müssten stärker kontrolliert werden, um die Sicherheit der Radler zu gewährleisten. Denn »Jahr für Jahr steigt die Zahl der Radfahrer in Berlin«. Für den Klimaschutz ist das eine frohe Botschaft.

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