»Stefano Chiarini« liegt im Hafen fest

Griechische Behörden verhindern Auslaufen des Hilfsschiffes Richtung Gaza

  • Martin Lejeune,
  • Lesedauer: 3 Min.
an Bord der »Stefano Chiarini«
Bug Richtung Gaza: Noch liegt die »Stefano Chiarini« im Hafen.
Bug Richtung Gaza: Noch liegt die »Stefano Chiarini« im Hafen.

Die Hafenbehörde von Korfu hat dem europäischen Passagierschiff »Stefano Chiarini«, das sich an der Gaza-Hilfsflotte beteiligt, wider Erwarten am Freitag noch keine Auslaufgenehmigung erteilt.

Khalid Tarrani, Sprecher der Europäischen Kampagne zur Beendigung der Blockade des Gaza-Streifens und einer der Cheforganisatoren der Flottille, erklärte am Freitag gegenüber ND, die Gründe für die Verspätung seien »politischer und nicht technischer Art«. Auch der griechische Kapitän der »Stefano Chiarini« bestätigte dies: »Die ›Stefano Chiarini‹ ist startklar. Ich bin sehr optimistisch, dass wir die Genehmigung zum Auslaufen sehr bald bekommen werden.«

Tarrani fragte während einer Sitzung der gesamten Passagiergruppe, wer von den Anwesenden bereit sei, am Montag auch »illegal«, also ohne Genehmigung der Hafenbehörden, auszulaufen. Insgesamt 33 Aktivisten signalisierten ihre Bereitschaft dazu. Von den zehn Schiffen, die sich nach derzeitigem Stand an der Flottille beteiligen, sind sieben auslaufbereit. Die beiden französischen Schiffe befinden sich bereits auf See; das sabotierte irische Schiff liegt fahruntüchtig in einem türkischen Hafen.

In der Nacht zum Freitag war an Bord der »Stefano Chiarini« die Anspannung spürbar größer geworden. Im Wasser des Hafenbeckens spiegelten sich die Taschenlampen des unter den Teilnehmern selbst organisierten Nachtwachen-Dienstes. »Ich halte Ausschau nach Tauchern des israelischen Geheimdienstes, die die Schiffschraube des Bootes beschädigen könnten«, sagte ein österreichischer Teilnehmer, der zur Nachtwache eingeteilt war, gegenüber ND. Gegenüber der »Stefano Chiarini« liegen zwei Schiffe der Küstenwache, auf denen Beamte ebenfalls Wache halten.

Um vier Uhr morgens gab es plötzlich Aufregung an Bord. Ein kleines Boot hatte sich dem Schiff genähert und wurde von der Küstenwache abgedrängt. Es ging die Befürchtung um, es habe sich um einen versuchten Sabotageakt gehandelt.

»Das war eine aufregende Nacht für uns«, sagt Brian Curdy. Er spricht mit US-amerikanischem Akzent, ist Schweizer Staatsbürger und stammt aus Albanien. Curdy war bei den US-Marines. Er nimmt an der Durchbrechung der Blockade teil, weil er »als Schweizer ein privilegiertes Leben« habe und sich für jene Menschen einsetzen will, »die es nicht so gut haben wie ich«.

Curdy bringt seine Erfahrungen als Sanitäter bei den US-Marines an Bord ein. Dem Medical Team gehören auch noch Dr. Alftono Coletta, ein Rettungsarzt aus Italien, Dr. Wee, ein malaysischer Mediziner, und der syrische Neurochirurg Samir Kazkaz an. Die Bordapotheke ist gefüllt, auf dem Arzttisch liegen Mullbinden. Dennoch fordern die Organisatoren die Teilnehmer auf, sich ebenfalls mit den nötigsten Medikamenten einzudecken, vor allem mit Tabletten gegen Seekrankheit. Inzwischen haben die Teilnehmer auch ihre Kreditkarten und wichtige persönliche Dinge nach Hause gesandt, um sie vor einem Zugriff israelischer Soldaten zu schützen.

An Bord befinden sich nun 60 Teilnehmer zwischen 20 und 80 Jahren, mit verschiedensten Religionen und Berufen. Sie kommen u.a. aus Malaysia, Bosnien, Australien, Serbien, Neuseeland, Russland, Irland, Italien, den Niederlanden und Jordanien. Alle Teilnehmer, die mit dem Autor sprachen, betonten, sie seien gegen Gewalt gegen israelischen Armeeangehörige.

Vorwürfe der israelischen Seite, auf den Schiffen würden Düngemittel mitgeführt, aus denen Säure hergestellt werden könne, wurden von Teilnehmern dementiert. Die Säure hätte nach Angaben der israelischen Armee bei einer Kaperung gegen die Soldaten eingesetzt werden sollen. Eine der Koordinatorinnen der Flotte, Ewa Jasiewicz, sagte im Gespräch mit ND: »Nach meiner Kenntnis befinden sich keine Düngemittel an Bord irgendeines Schiffes der Flotte. Israel versucht den unzutreffenden Eindruck zu erwecken, Schiffe der Flotte brächten waffenfähiges Material nach Gaza. Dies stimmt nicht. Wir haben nur humanitäre Hilfsgüter an Bord, die im Gaza-Streifen dringend benötigt werden, zum Beispiel Zement.«

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