Kommunisten gründeten Sammlungsbewegung

»Narodnoje opoltschenije« soll für Nachschub an russischen Wählerstimmen sorgen

  • Irina Wolkowa, Moskau
  • Lesedauer: 3 Min.
Es wird eng auf Russlands politischem Olymp. Premier Wladimir Putin gab bereits im Mai die Gründung der Allrussischen Volksfront bekannt, die der Regierungspartei »Einiges Russland« bei den bevorstehenden Wahlen von Parlament und Präsident zusätzliche Stimmen verschaffen soll. Am Wochenende zogen die Kommunisten mit »Narodnoje opoltschenije« nach.

Narodnoje opoltschenije bedeutet in etwa Volks-Selbstverteidigungskräfte und die spielten in der russischen Geschichte mehrfach eine große Rolle. Vor allem Anfang des 17. Jahrhunderts, als das Großfürstentum Moskau als Folge von Thron-Wirren unter litauisch-polnische Fremdherrschaft geriet. Der Widerstand gegen die Okkupanten formierte sich zuerst in Nishni Nowgorod. Auch deshalb, so KPRF-ZK-Sekretärin Walerija Raschkina, habe man die Millionenstadt an der Wolga für den Gründungskongress der neuen linksnationalen Sammlungsbewegung gewählt.

Dazu kommt, dass die KP der Russischen Föderation in der Autobauer-Stadt, wo viele die Sowjetära als beste Zeit ihres Lebens sehen, traditionell stark ist. Ebenso in der Region Altai und im Nordkaukaus. Dort nahmen auch die ersten Basisorganisationen der Selbstverteidigung bereits ihre Tätigkeit auf. Raschkina hofft, das Bündnis werde schon bei der ersten Bewährungsprobe einen »überzeugenden Sieg« einfahren: Bei den Regional- und Kommunalwahlen Anfang Oktober, die auch als Generalprobe für die zwei Monate später stattfindenden Parlamentswahlen gelten. Hier wie dort wollen Bündnis und KP mit gemeinsamen Listen antreten. Das und die ähnlichen Namen trugen dem Linksbündnis bereits Plagiatsvorwürfe von Putins Volksfront und den Einheitsrussen ein. Stimmt nicht, hält Raschkina dagegen. Anders als die Volksfront sei das Linksbündnis als Bewegung von unten entstanden und eine Antwort auf die Wirtschaftspolitik von Kreml und Regierung, die die Werktätigen mit Rechten und Löhnen aus der Zeit vor Marx abspeise. 20 Jahre hätten die Massen sich das gefallen lassen. Jetzt sei ihre Geduld am Ende. Man werde »mit geballter Kraft gegen Putins volksfeindlichen Kurs« antreten. 1200 Organisationen mit insgesamt 3,5 Millionen Mitgliedern seien bereits beigetreten. Die Massen hätten begriffen, dass sie nur vereint siegen können.

KP-Chef Gennadi Sjuganow stampfte vor Wahlen schon mehrfach linksnationale Bündnisse aus dem Boden. Und verzichtete 2000 sogar auf eine eigene Kandidatur zugunsten von Nikolai Charitonow, damals Chef der Agrarier-Partei. Das Projekt floppte. Potenzielle Bündnispartner befürchteten, vereinnahmt zu werden, Stammwähler Verwässerung der reinen Lehre. Neue Zielgruppen, vor allem junge Leute, ließen sich mit den Altkadern – und dazu gehört auch der an der Basis sehr umstrittene »ewige« Parteichef Sjuganow – schon gar nicht fangen.

Dazu kommt, wie Alexej Makarkin, Vizedirektor des Zentrums für politische Technologien, zu bedenken gibt. dass sich die Programmatik des Linksbündnisses kaum von der der KP unterscheidet und Sjuganow den Feinschliff der Listen persönlich besorgt. Auch Putin, so der Forscher, habe sich das letzte Wort bei der Auswahl der Frontkandidaten vorbehalten, die auf die Listen von »Einiges Russland« gesetzt werden. Und deren Programm sei im Wesentlichen ebenfalls deckungsgleich mit dem der Volksfront. Beide Bündnisse, glaubt Makarkin, könnten den Mutterparteien daher kaum neue Wähler zuführen.

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