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Vom Ruhrgebiet nach China

Zerlegt und dann verschickt: Eine ausgediente Kohlenwäsche soll in der Provinz Shanxi wieder zum Einsatz kommen

  • Uta Knapp, dpa
  • Lesedauer: 3 Min.
Ende einer Ära: Chinesische Arbeiter zerlegen eine Zechenanlage im Ruhrgebiet für den Transport nach Fernost. Für die RAG-Tochter Mining Solutions soll der Verkauf der Kohlenwäsche nicht nur ein Geschäft sein, sondern auch eine Brücke in eine Zukunft als Beratungsunternehmen.

Kohleausstieg als Geschäftsmodell: Immer wenn in deutschen Steinkohlebergwerken die letzte Schicht gefahren wurde, ist die RAG-Tochter Mining Solutions für die weltweite Vermarktung der nicht mehr benötigten Anlagen zuständig. So wie derzeit bei dem im vergangenen Herbst stillgelegten Bergwerk Ost im westfälischen Hamm. Seit August zerlegen dort etwa 40 chinesische Arbeiter die sogenannte Kohlenwäsche.

In der Anlage wird die geförderte Kohle von Verunreinigungen wie etwa Steinen befreit. Damit wird die Qualität der Kohle deutlich verbessert. Vor der Schließung des Bergwerks hatten bis zu 4500 Bergleute in der Zeche am Ostrand des Ruhrgebiets jährlich rund 2,5 Millionen Tonnen Kohle gefördert.

Das chinesische Unternehmen Pingdingshan Coal Mine Machinery will die teilweise erst wenige Jahre alten Maschinen in China aufbereiten – und wenn nötig reparieren. Manche der Maschinen haben auch 40 Jahre auf dem Buckel. Im größten Bergbaumarkt der Welt sind die Maschinen »Made in Germany« dennoch begehrt.

»Die deutschen Maschinen haben eine gute Qualität«, freut sich Li Weipo, General-Manager des zu den größten chinesischen Bergbauausrüstern gehörenden Unternehmens aus der im chinesischen Kohlerevier gelegenen Millionenstadt Pingdingshan. Der günstige Preis der Anlagen sei natürlich auch wichtig, fügt er hinzu. In der chinesischen Provinz Shanxi habe er bereits Abnehmer für die Anlage aus dem Ruhrgebiet gefunden, sagt der Bergbau-Manager.

Für etwa 60 bis 70 Prozent des Neuwerts können die Anlagen nach der Wiederaufbereitung durch das chinesische Unternehmen weiterverkauft werden, schätzt RAG Mining Solutions-Geschäftsführer Martin Junker. Für eine Neuinvestition einer Kohlenwäsche von der Größe der Anlage in Hamm müsste ein Minenbetreiber etwa 40 Millionen Euro in die Hand nehmen.

Nach dem Abbau in Hamm hat das chinesische Unternehmen bereits Interesse an der Kohlenwäsche des 2009 stillgelegten Bergwerks Lippe in Gelsenkirchen angemeldet. Die Demontage der Anlagen erfolgt mit eigens nach Deutschland eingeflogenen Arbeitern. Die etwa 40 Chinesen sind in mehreren Containern auf dem ehemaligen Parkplatz des Bergwerks untergebracht. Für die Verpflegung sorgt ein eigener Koch.

Innerhalb von nur drei Monaten sollen sie die riesige Anlage in Hamm mit 75 Maschinen, 60 Förderanlagen, 24 Pumpen und zahlreichen Kleinteilen komplett zerlegen und für den Schiffstransport vorbereiten. Mit Hilfe von Schneidbrennern werden die festsitzenden Schrauben gelöst, damit die Maschinen anschließend demontiert werden können.

Für den deutschen Bergbaukonzern RAG ist dies der erste Verkauf einer kompletten Aufbereitungsanlage ins Ausland. Moderne Untertage-Anlagen gingen bereits nach Sibirien. Die RAG-Tochter bietet auf ihrer Homepage gebrauchte »Schnäppchen« von der Leichtbauhalle über Kräne bis zur kompletten Anlage an. Im Angebot sind aber auch Autos oder Kabel. Die erzielten Überschüsse aus den Verkäufen kommen der Muttergesellschaft RAG zugute und senken so den Subventionsbedarf des deutschen Steinkohlenbergbaus.

»Wir sind der Anbieter mit der breitesten Produktpalette in diesem Bereich«, sagt Junker. Angeboten werde alles, um ein modernes Bergwerk betreiben zu können. Auch nach dem Auslaufen der letzten deutschen Steinkohlenzeche im Jahr 2018 sieht die RAG-Tochter ihr Geschäft nicht in Gefahr: Bereits heute werden neben den gebrauchten Bergbau-Maschinen auch Beratungen durch die Spezialisten aus dem Ruhrgebiet erfolgreich angeboten.

Weltweit werde das Geschäft der Minenbetreiber durch das Vordringen in ständig größere Abbautiefen technisch immer aufwendiger, ist sich Junker sicher. So wird etwa eine Klimatisierung immer wichtiger, je tiefer man kommt. Auch das Thema Arbeitsschutz spiele eine immer größere Rolle. Für die Spezialisten aus dem Ruhrgebiet alles kein Problem: In dem Hammer Bergwerk wurde noch bis vor einem Jahr Kohle in Tiefen von bis zu 1600 Metern abgebaut. Möglich gewesen sei dies nur mit einer aufwendigen Klimatisierung, so Junker. Ohne Klimaanlage hätten die Kumpel bei Temperaturen von bis zu 50 Grad unter Tage schuften müssen.

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