Extremsportler in der Feuerfalle

Zwei Schwerverletzte nach Buschbränden bei Ultramarathon in Australien

  • Christiane Oelrich, dpa
  • Lesedauer: 3 Min.

In der Hölle der Kimberley Region in Australien gab es keine Gewinner: Bei einem 100-Kilometer-Lauf sind mehrere Extremsportler in ein Buschfeuer geraten und nur knapp mit dem Leben davongekommen. »Es war der gruseligste Moment meines Lebens«, berichtet Michael Hull (44) dem Rundfunksender ABC. Er raste durch die Feuerwand zurück, die Flammen brannten ihm die Schuhe von den Füßen, sagte er dem Fernsehsender Channel Seven. Zwei Frauen kämpften am Montag in Krankenhäusern in Sydney und Melbourne noch ums Überleben. Bis zu 70 Prozent ihrer Haut ist verbrannt.

Freitagmorgen, 8.30 Uhr. Am einsamen Luxusressort El Questro Station, wo Nicole Kidman einst »Australia« drehte, steht die Sonne über den bis zu 1000 Meter hohen Gipfeln der Kimberley Region. 41 Läufer zwischen 22 und 61 Jahren sind am Start. 100 Kilometer liegen vor ihnen. Es geht über Stock und Stein, durch Flussbetten, Schluchten und Eukalyptushaine. Ziel ist das Städtchen Kununurra, übersetzt aus der Sprache der Ureinwohner »Großes Wasser«.

Das Rennen ist nichts für Unbedarfte. »Dieses ist die heißeste Region Australiens«, warnt der Veranstalter, RacingThePlanet. Das Unternehmen wurde von der Amerikanerin Mary Gadams gegründet. Es organisiert Extremrennen an den entlegensten Orten der Welt. Selbst auf dem Maximum des australischen Winters, im Juli, liegen die Temperaturen hier im Nordwesten Australiens, 3000 Kilometer nördlich von Perth, bei 30 Grad. Die Kimberley Region ist zehn Mal so groß wie die Schweiz, aber es leben nur 41 000 Menschen dort. Pure Natur erwartet die Läufer: Krokodile, Schlangen, kleine Kängurus und Geier. Jeder Läufer muss selbst tragen, was er braucht. Es gibt nur alle 15 Kilometer einen Stand mit Wasser.

Bis mittags haben mehr als die Hälfte der Läufer die 25-Kilometer- Marke hinter sich. In der Ferne liegen Rauchschwaden von Buschfeuern in der Luft. Nichts ungewöhnliches, jedes Jahr brennen hier zehn Millionen Hektar Buschland ab. »Selbst mit den Buschbränden ist alles wunderbar«, lässt Läufer Bradley Bull ins Renn-Blog schreiben. Danach geht es in die Salerno-Schlucht. Hier nimmt das Unglück seinen Lauf.

»Er hörte einen ohrenbetäubendes Rauschen und sah plötzlich die Feuerwand«, berichtet eine Sprecherin des Royal Flying Doctor Service der Zeitung »Australian«, nachdem sie mit Michael Hull gesprochen hat. »Sie konnten nirgends hin, es war eine Schlucht, und die Seiten waren zu steil, um hochzuklettern.« Nach Angaben von Hull kamen die Flammen bis auf zwei Meter an die Läufer heran. »Es war entsetzlich heiß und wir fürchteten um unser Leben«, sagte Hull im Rundfunk. »Wir mussten schnell entscheiden, ob wir als menschlicher Feuerball verbrennen oder zurück durch die Feuerwand rennen wollten. Wir wussten, dass auf der anderen Seite der Feuerwand nichts mehr war, was brennen konnte.«

Hull und ein 56-jähriger Läufer kommen mit 15 bis 20 Prozent verbrannter Haut davon. Die beiden Frauen, 24 und 35 Jahre alt, trifft es schlimmer. Bis zu 70 Prozent ihrer Haut verbrennen. Unverletzte Läufer müssen erst zum Checkpoint zurücklaufen, um Alarm schlagen zu können. Die Verletzten hätten stundenlang auf den Rettungshelikopter gewartet.

Die Rennleitung bricht das Rennen ab. RacingThePlanet-Gründerin Gadams kündigt eine umfassende Untersuchung an. »Solche Rennen in abgelegenen Gegenden zu organisieren ist schwierig«, sagte der Sekretär des Verbandes der Ultraläufer Australiens, Brett Saxon, dem Sender ABC. »Man muss immer die Risiken abwägen und überlegen, wie man die Läufer retten kann, wenn etwas passiert.«

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