Letzte Auffahrt für Rot-Grün

Außerplanmäßig sondieren SPD und Grüne heute erneut über eine Koalition in Berlin

Eigentlich sollten jetzt die Verhandlungen über einen rot-grünen Senat in Berlin beginnen. Doch zuvor will die SPD heute noch einmal sondieren, ob eine Einigung mit den Grünen überhaupt zu erzielen wäre. Hintergrund ist der Zwist um die Verlängerung der Stadtautobahn A 100.

Ein Parteitag der Grünen stimmte am Freitagabend in der Universität der Künste für Koalitionsverhandlungen. Es gab nur drei Gegenstimmen und zwei Enthaltungen. Den Weiterbau der Stadtautobahn will die Ökopartei jedoch unter keinen Umständen hinnehmen. Das hat sie im Wahlkampf unermüdlich versprochen. Anwohner der Autobahn, die vor der Universität der Künste ein Spalier mit Transparenten bildeten, erinnerten daran.

Die A 100 wird nicht grundsätzlich aufgegeben, aber es wird versucht, die 420 Millionen Euro Bundesmittel für die Stadtautobahn in die Sanierung alter Straßen umzulenken. Das war die Kompromissformel. Sie wird von Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) torpediert, der am Wochenende bekräftigte: »Ohne die A 100 verfällt das Geld.« Die Beseitigung von Schlaglöchern müsse die Stadt Berlin selbst bezahlen.

»Wir wollen, dass das Projekt A 100 endgültig und dauerhaft beerdigt wird«, erklärte Grünen-Fraktionschef Volker Ratzmann. Mit der SPD sei aber vereinbart worden, den Bau des Autobahnstücks nicht endgültig aufzugeben, sondern eine Umwidmung der Mittel zu erreichen. »Dazu stehen wir auch.«

Die SPD fragt sich trotzdem, ob die Grünen als Juniorpartner für die nächsten fünf Jahre taugen. »Ein klares Votum für eine Koalition ist gut und schön«, räumte der SPD-Landesvorsitzende Michael Müller ein. Er erwartet aber, dass noch größere Probleme kommen. Sind die Grünen dann überhaupt zu Kompromissen fähig oder wollen sie ihre Position immer 1:1 durchsetzen? Michael Müller ist skeptisch. Rot-Grün verfügt im Abgeordnetenhaus nur über eine Stimme Mehrheit.

Die Alternative wäre eine Koalition mit der CDU. Deren Landesvorsitzender Frank Henkel signalisierte am Wochenende beflissen, seine Partei wäre bereit, Verantwortung zu übernehmen. »Ich bin noch nicht ganz so weit«, sagte SPD-Chef Müller über diese Option und schloss sie damit immerhin nicht aus.

Die Grünen sind indes zuversichtlich, dass der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) ein Bündnis mit der CDU nicht schmieden wird. Seine Genossen würden ihm nicht folgen, denken sie. »Wenige Sozialdemokraten sind bereit, die A 100 zu bauen und dafür mit der CDU zu koalieren«, meint der Grünen-Abgeordnete Jochen Esser. Seite 11

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