Volk von Gelehrten?

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Exakt 515 800 junge Menschen nahmen nach Angaben des Statistischen Bundesamtes im Studienjahr 2011/12 (Sommersemester 2011 und Wintersemester 2011/12) ein Studium auf. Die Zahl der Erstsemester ist damit im Vergleich zu 2010 um 16 Prozent gestiegen. Noch nie fingen also an deutschen Hochschulen und Universitäten so viele junge Frauen und Männer ein Studium an wie im laufenden Studienjahr. Das ist eine positive Nachricht, die die Bildungspolitiker in Land und Bund jubeln lässt. Die »Bildungsrepublik Deutschland«, von der Bundeskanzlerin höchstselbst im Juni 2008 auf dem Höhepunkt der Studentenproteste ausgerufen, sie scheint Gestalt anzunehmen. Wird Deutschland zu einem Volk von Gelehrten?

Hinter diesen Jubelruf muss mehr als ein Fragezeichen gesetzt werden. Zum einen reagieren die Hochschulen und Universitäten auf steigende Studentenzahlen nicht mit der Einstellung zusätzlichen Lehrpersonals. Die Zahl der Professorenstellen stagniert. Auf 2,4 Millionen Studierende kommen lediglich 41 000 Hochschullehrerinnen und -lehrer. Das entspricht einem Betreuungsverhältnis von 1 zu 58,5 - eine Relation, die deutlich über dem vom Wissenschaftsrat empfohlenen Verhältnis von 1 zu 40 liegt.

Doch selbst wenn die Studienbedingungen mittel- und langfristig verbessert würden, würde Deutschland kein Land der Akademiker und Gelehrten. Die Universität von heute ist längst keine Alma mater mehr, sondern eine Ausbildungsstätte, die zwar akademische Abschlussgrade verleiht, aber deutlich verschulter, auf konkrete Berufsziele gerichtet ausbildet. Der Unterschied zwischen beruflicher und akademischer Ausbildung wird immer geringer. Der Status von Lehrlingen und Studenten nähert sich immer mehr an.

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