Kritik an Kommission zu Naziterror

Korte fordert unabhängige Untersuchung

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Nachdem am Donnerstag ein weiterer Beschuldigter in Zusammenhang mit der rechtsterroristischen Gruppe »Nationalsozialistischer Untergrund« verhaftet wurde, gingen am Freitag die Diskussionen um die Aufarbeitung der Verfassungsschutzpatzer und Ermittlungsfehler weiter.

Berlin (nd-Meyer). Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) hat eine Expertenkommission eingesetzt, die die relevanten Akten von Polizei und Verfassungsschutz (VS) aus Bund und Ländern über Neonazis prüfen soll. An der Kommission beteiligt sind der einstige Chef des Bundeskriminalamtes, Ulrich Kersten, der Ex-Abgeordnete Wolfgang Zeitlmann (CSU) und der frühere VS-Präsident Hansjörg Geiger. Sie alle bringen jahrelange Erfahrung auf dem Gebiet der inneren Sicherheit mit, wobei der parteilose Geiger als Liberaler gilt, Zeitlmann und Kersten dagegen eher als konservativ.

In der Opposition wird die Kommission kritisch gesehen. SPD-Innenexperte Dieter Wiefelspütz äußerte gegenüber »nd« Bedenken: »Ich hätte mir gewünscht, dass die Kommission breiter aufgestellt wird«, aber noch sei die Sache in der Diskussion und weder eine Bund-Länder-Expertenkommission noch ein Untersuchungsausschuss vom Tisch. Dabei müsse allerdings auch gesehen werden, mit welchem Mittel man am besten zur umfangreichen Aufklärung gelangen kann. Dass eine Gruppe von Neonazis 13 Jahre lang untertauchen und viele Morde begehen könne, sei »eine entscheidende Zäsur in der Geschichte unseres Landes«. Der LINKE-Abgeordnete Jan Korte sagte: »Nach einem so eklatanten Versagen der Sicherheitsbehörden eine interne Expertenkommission aus den ehemaligen Leitern genau dieser Behörden einzusetzen, ist schon absurd.« Die Untersuchung habe nur Sinn, »wenn sie von unabhängiger Seite erfolgt,« so Korte.

Bei der Verhaftung des mutmaßlichen Terrorhelfers André Eminger am Donnerstag waren zahlreiche Journalisten vor Ort. Als dessen Bruder Anzeige wegen Hausfriedensbruchs erstattete, habe die Polizei die Personalien der Medienvertreter aufgenommen, teilte der Journalistenverband Berlin-Brandenburg (JVBB) mit. Nun bestehe die Gefahr, dass Neonazis an die Privatadressen der Journalisten kommen. »Es wäre unerträglich, wenn diese Kolleginnen und Kollegen durch staatliches Handeln in Gefahr gerieten«, sagte der JVBB-Vorsitzende Alexander Fritsch. In Zwickau haben am Freitagabend bei einem »Appell für Demokratie und Toleranz« mehr als 3000 Menschen an die Opfer der Neonazi-Mordserie erinnert. Aufgerufen hatten die Stadt und der DGB Südwestsachsen.

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