Das Schmalz, das nie verdarb

64 Jahre lang lag eine Dose mit Schweineschmalz bei einem Rostocker Apotheker - und der Inhalt ist noch genießbar

  • Joachim Mangler, dpa
  • Lesedauer: 2 Min.
Angeregt durch die Debatte um die Mindesthaltbarkeit von Lebensmitteln, hat ein 87-Jähriger eine Büchse untersuchen lassen, die aus einem Care-Paket aus der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg stammt. Ergebnis: Der Frischegrad ist noch zufriedenstellend.

Über 60 Jahre in der Dose und immer noch genießbar: 64 Jahre lang schlummerte eine weiß-rote Blechbüchse mit Schweineschmalz bei dem 87-jährigen Warnemünder Apotheker Hans Feldmeier. Es stammte aus einem der Care-Pakete, die nach dem Zweiten Weltkrieg millionenfach von den Alliierten in Westdeutschland verteilt wurden und von denen manche über viele Umwege in die DDR gelangten. Eine Untersuchung im Rostocker Landesamt für Lebensmittelsicherheit ergab nun, dass das Schmalz immer noch gut genießbar war.

»Wir hatten in Rostock die katholische Studentengemeinde, die die hereingeschmuggelten Care-Pakete dann der Mensa zum Verbrauch gaben«, erzählt der Apotheker. Ab und zu wurden einzelne Lebensmittel aus den Paketen auch direkt an die Studenten verteilt. Dazu gehörten Nudeln, Zucker, Milchpulver oder eben das Schmalz. »Wir haben immer gedacht, es kommt ja alles noch schlimmer und wollten es nicht essen. Es war die eiserne Reserve.«

So überstand die Schmalzdose der Marke »Swift's Bland Lard« wie auch ein Päckchen Milchpulver drei Umzüge der Familie Feldmeier mit fünf Kindern. »Ich konnte mich von der schönen Dose auch einfach nicht trennen«, schmunzelt Feldmeier. Schon vor vielen Jahren hatten er und einige seiner Kollegen einmal das Milchpulver untersucht, ohne schädliche Abbaustoffe zu finden. »Es war einwandfrei.«

Aufgeschreckt durch die aktuelle Diskussion um die Vernichtung von Lebensmitteln nach Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums wollte es Feldmeier genau wissen und ließ das Schmalz beim Landesamt untersuchen.

Das erstaunliche Ergebnis: »Insgesamt ist das Produkt hinsichtlich des Frischegrades und der stofflichen Zusammensetzung nach 64 Jahren noch als zufriedenstellend zu beurteilen«, sagt Amtschef Frerk Feldhusen am Mittwoch. Die genaue Untersuchung ergab zwar geringe Mängel bei Geruch und Geschmack, diese seien aber noch im Rahmen. Einen positiven Einfluss auf die Haltbarkeit hatten die Lagerung in der luft- und lichtdichten Konservendose und der Einsatz der zwei Konservierungsmittel Zitronensäure und Guajak-Harz mit antioxidativen Wirkungen.

Feldhusen verweist auf die Diskussion um Mindesthaltbarkeit von Lebensmitteln. »Mit diesem Ergebnis im Hinterkopf überlegt sich vielleicht der eine oder andere Verbraucher, ob er Lebensmittel nach dem Überschreiten des Mindesthaltbarkeitsdatums sofort entsorgen muss.« Trennen musste sich Apotheker Feldmeier nicht von seiner Schmalzdose. Er bekam sie leer vom Landesamt zurück.

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