Atommüll im Wohngebiet

Braunschweig: Konflikt um Erweiterungspläne von Eckert & Ziegler verschärft sich

  • Reimar Paul
  • Lesedauer: 2 Min.
Neben der maroden Atommüllkippe Asse und dem im Bau befindlichen Endlager Schacht Konrad bildet sich in Südostniedersachsen ein weiterer nuklearer »Hot Spot«. Die Braunschweiger Firma Eckert & Ziegler, die radioaktive Abfälle aus Medizin und Forschung verarbeitet, will im Stadtteil Thune eine neue Lagerhalle für die strahlenden Rückstände bauen.
Luftaufnahme des Firmengeländes in Braunschweig
Luftaufnahme des Firmengeländes in Braunschweig

Bei Einwohnern und Kommunalpolitikern in Braunschweig kochen die Emotionen hoch. Eltern und Kinder demonstrieren mit Anti-Atom-Luftballons bei Ratssitzungen. Bürgerinitiativen sammeln Unterschriften. Zu einer Anhörung in der Stadthalle kamen fast 1500 Menschen. Das Hearing war vom Rat der Stadt als Entscheidungsgrundlage beschlossen worden.

Anlass sind Pläne der Firma Eckert & Ziegler, eine neue Lagerhalle für strahlende Rückstände zu bauen. Die Umweltorganisation Robin Wood behauptet, bei Eckert & Ziegler seien bereits jetzt Grenzwerte überschritten worden. So betrage die Direktstrahlung am Zaun des Firmengeländes 1,3 bis 1,5 Millisievert pro Jahr. Zum Vergleich: Am Atommüllzwischenlager Gorleben liegt der Grenzwert bei 0,3 Millisievert. Robin Wood hat deshalb das Unternehmen sowie die Braunschweiger Gewerbeaufsicht angezeigt.

Die Landtagsgrünen fordern eine Überprüfung der bestehenden Genehmigungen für Eckert & Ziegler. »Diese müssen zurückgestuft werden«, sagt die Abgeordnete Gabriel Heinen-Kljajic. »Es kann nicht akzeptiert werden, dass in einem Wohngebiet laxere Grenzwerte für die Strahlenbelastung gelten als am Zaun des Zwischenlagers in Gorleben.«

Das Unternehmen sieht den Ermittlungen »mit Gelassenheit« entgegen, sagte Firmenchef An-dreas Eckert. Es gehe zudem nicht um eine Ausweitung der Aktivitäten, sondern um Modernisierung der bestehenden Anlagen - und damit letztlich um mehr Sicherheit. Konkret solle auf einem angrenzenden Gelände eine Halle errichtet werden, um dort Container unterzubringen. Auch die Bürger profitierten davon, wenn diese Container statt unter freiem Himmel überdacht gelagert werden könnten.

Eckert bot Robin Wood und der Braunschweiger Bürgerinitiative StrahlenSchutz (BISS) eine Offenlegung des radioaktiven Inventars auf dem Firmengelände an, sofern diese die Angaben vertraulich behandelten. Wenn internationale Mitbewerber Geschäftsgeheimnisse erführen, könne das Unternehmen Schaden nehmen. Im Übrigen, ist Eckert überzeugt, werde »die Angstblase bald platzen«.

Eckert & Ziegler hatte sich bereits im Sommer auch um einen Auftrag aus der Asse beworben. 80 000 Liter verseuchte Lauge sind aus Kammern des ehemaligen Bergwerks ausgetreten und müssen entsorgt werden. Bislang hat die Firma im Auftrag des Landes Niedersachsen probehalber 80 Liter. Die 26 000 Becquerel Strahlung pro Liter seien dabei restlos herausgefiltert worden, so das Umweltministerium in Hannover. »Quellwasserqualität« habe die übrige Flüssigkeit danach gehabt.

Am 28. Februar wird sich der Rat der Stadt erneut mit den Erweiterungsplänen von Eckert & Ziegler befassen. Am 11. März planen Umweltschützer in der Region eine mehr als 50 Kilometer lange Lichterkette von Schacht Konrad über die Asse bis nach Braunschweig zum Firmengelände. Das Thema wird die Stadt und die Region mit Sicherheit noch viel länger beschäftigen.

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