Opposition uneins über Wulff-Affäre

SPD und Grüne wollen die Einrichtung eines Untersuchungsausschusses in Niedersachsen nicht unterstützen

  • Hagen Jung
  • Lesedauer: 3 Min.
Die LINKE will einen Untersuchungsausschuss im niedersächsischen Landtag zur »Causa Wulff« einrichten. Vorerst erhielt sie eine Abfuhr, hofft aber bis zur Landtagssitzung kommende Woche noch auf ein Umdenken bei Grünen und SPD.

Der niedersächsische Landtag verzichtet voraussichtlich darauf, einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss (PUA) zur »Causa Wulff« einzurichten. Im Ältestenrat des Parlaments stimmte am Mittwoch nur die LINKE für das von ihr geforderte Gremium, das sich mit den Vorgängen um den ehemaligen Ministerpräsidenten und derzeitigen Bundespräsidenten befassen soll. SPD und Grüne enthielten sich, CDU und FDP sagten Nein zu dem Antrag.

Von der schwarz-gelben Mehrheit war nichts anderes zu erwarten, hatte die Koalition doch bereits im Januar ihre Ablehnung bekundet. Offen blieb, wie sich die SPD im Ältestenrat verhält. Ihr Fraktionschef Stefan Schostok hatte kürzlich erklärt, »nötigenfalls« würde man für einen PUA votieren. Die Grünen signalisierten seinerzeit Zustimmung zum Ausschuss. Er kann nur installiert werden, wenn 31 der 152 Landtagsabgeordneten dafür stimmen. LINKE und Grüne haben zusammen nur 22 Stimmen, die Unterstützung der SPD wäre also vonnöten.

Im Ältestenrat drückte sich die SPD nun um ein Ja oder Nein. Zwar werde ein Untersuchungsausschuss von der SPD nicht ausgeschlossen, sagte Stefan Schostok nach der Sitzung. Er bleibe aber »Ultima ratio«. Die Aufklärung der »diversen Affären« um Christian Wulff laufe bisher auch ohne Untersuchungsgremium auf Hochtouren. Schostok verwies unter anderem auf die Verbindung zwischen Wulff und dem Filmproduzenten David Groenewold. Die Akten zu diesem Vorgang würden, »wenn auch zaghaft«, seitens der Staatskanzlei geliefert. Es geht dabei um den Vorwurf, eine Firma Groenewolds habe mit einer Landesbürgschaft von der freundschaftlichen Beziehung des Produzenten zum damaligen Ministerpräsidenten profitiert. Die Einrichtung eines Untersuchungsausschusses würde nach Einschätzung der SPD die parlamentarische Aufklärungsarbeit »schlagartig unterbrechen«. Der PUA müsse sich zunächst förmlich konstituieren - ein Zeitverlust von mehreren Wochen wäre die Folge, befürchtet der Fraktionsvorsitzende.

Die Grünen stehen dem Gremium zwar positiv gegenüber, wollen aber erst im März im Plenum darüber abstimmen lassen. Es sei noch nicht der richtige Zeitpunkt für einen solchen Ausschuss, hieß es nach der Sitzung des Ältestenrates. Auch gefällt den Grünen der von der Linksfraktion formulierte Untersuchungsauftrag nicht. Sie wollen ihn knapper, denn bis zur Landtagswahl 2013 gebe es nur noch verhältnismäßig wenige Sitzungen. Grünen-Fraktionschef Stefan Wenzel erklärt, wie genau die Formulierung des Untersuchungsauftrages am Ende aussehen solle, hänge auch von den weiteren Schritten der Staatsanwaltschaft ab.

Scharfe Kritik übte die LINKE am Verhalten von SPD und Grünen. Beide Fraktionen hätten sich aus parteipolitischem Kalkül im Ältestenrat der Stimme enthalten, meint Ursula Weisser-Roelle, Parlamentarische Geschäftsführerin der Linksfraktion. »Seit Wochen werden immer neue Gründe für einen Untersuchungsausschuss geliefert, und noch immer verweigert die SPD eine Entscheidung.« Mit ihrer Hinhaltetaktik werde der sofortige Beginn einer parlamentarischen Aufklärung verhindert. »Wir brauchen die Möglichkeit, Zeugen unter Eid zu vernehmen«, betonte Weisser-Roelle. Auch die Einwände der Grünen überzeugen sie nicht: »Sie wollen unbedingt einen eigenen Antrag einbringen, aber damit bis März warten; das verzögert die Aufklärung erneut um Wochen«, konstatiert Weisser-Roelle. Sie forderte SPD und Grüne auf, ihre Haltung noch einmal zu überdenken. Bis zum kommenden Donnerstag, wenn das Thema »PUA Wulff« auf der Tagesordnung der Plenarsitzung steht, sei die LINKE weiterhin bereit, einen gemeinsamen Antrag einzubringen.

Inzwischen prüft die Staatsanwaltschaft in Hannover, ob ein Antrag zwecks möglicher Aufhebung der Immunität Wulffs gestellt werden kann. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) drängte zur Eile. GdP-Vorsitzender Bernhard Witthaut sagte der »Passauer Neuen Presse«, es überrasche schon, dass sich die Prüfung der Staatsanwaltschaft so in die Länge ziehe. »Gegen einen einfachen Beamten wäre längst ein Disziplinarverfahren eingeleitet worden.« Witthaut berichtete von einer Karikatur, die in vielen Dienststellen hänge. Sie zeigt ein Schaf mit dem Kopf des Bundespräsidenten - einen »Wulff im Schafspelz«.

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