Sexarbeit mit Philosophie

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Seit sieben Jahren bin ich als Sexarbeiterin in einem Schweizer Bordell tätig und lebe auch davon. Derzeit schließe ich mein Philosophiestudium ab. Aus Neugier fing ich mit dem Job an, er gefiel mir, also bin ich dabei geblieben. Es hängt natürlich davon ab, was für Kunden ich habe, aber im Allgemeinen macht mir mein Job Spaß.

Den Begriff »Sexarbeiterin« verwende ich, um zu unterstreichen, dass es sich um eine Arbeit handelt, die gesellschaftlich respektiert werden sollte, und nicht um eine moralisch verworfene Existenz. Es geht mir auch darum, dem Mythos von der Hure als Opfer etwas entgegenzusetzen. Sicher ist es eine Tätigkeit, die von vielen aus Mangel an Alternativen ausgeübt wird oder weil schnell Geld gebraucht wird. Aber ich denke, dass es kein Beruf ist, der per se der Emanzipation der in diesem Gewerbe tätigen Frauen entgegensteht. Er kann wie jeder Beruf, der selbstständig ausgeübt wird, Emanzipationswirkung haben, wenn diejenige, die ihn ausübt, das selbstbewusst und selbstbestimmt tun kann. Bestenfalls kommt das ihren persönlichen Neigungen und Gelüsten entgegen. Ich kenne Frauen, für die es auch einen Moment von sexueller Befreiung hatte, mit diesem Beruf anzufangen.

Natürlich gibt es auch Ausbeutung und schlechte Arbeitsbedingungen in der Sexarbeit, wie in anderen Berufen. Die Prostitution in einen Opferdiskurs zu verschieben, verbessert die Lebensbedingungen der Sexarbeiterinnen nicht. Sie sollten in ihrem Selbstbewusstsein gestärkt werden, damit sie für ihre Rechte kämpfen können. Das gilt besonders für Migrantinnen in der Sexarbeit. Sie bieten sich als Projektionsfläche für den Opfermythos besonders an, sind rechtlich und sozial diskriminiert.

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