Die Angst vor dem französischem GAU

Gigantische Menschenkette im Rhônetal erinnerte an Fukushima

  • Susanne Götze
  • Lesedauer: 2 Min.

Es war die größte Menschenkette, die es in Frankreich je gegeben hat. Tausende Atomkraftgegner reisten am Sonntag nach Südfrankreich, um eine Menschenkette auf der Autobahn 7 zwischen Lyon und Avignon zu bilden. Insgesamt wollten sich auf den rund 235 Kilometern laut dem Netzwerk »Sortir du nucléaire« bis zu 30 000 Menschen an den Händen fassen. Die Strecke entsprach in etwa derjenigen zwischen dem Unglücksreaktor Fukushima und der Stadt Tokio.

Das Rhônetal ist das am dichtesten mit zivilen und militärischen Atomanlagen besiedelte Gebiet Europas. Kein Wunder, dass viele Bewohner der Region nach dem Unfall in Fukushima aufgeschreckt sind: »Japan ist genauso ein Indus-trieland wie Frankreich - einen GAU könnte es ebenso vor unserer Haustür geben«, erklärt Laura Hameaux von »Sortir du nucléaire«. Deshalb hätten sich seit einem Jahr immer mehr Bürgerinitiativen gegen die Atomkraft gegründet.

Allein 14 Reaktoren befinden sich im Rhônetal. Hinzu kommen Aufbereitungsanlagen zur zivilen wie militärischen Nutzung. Im September 2011 machte die Atomanlage Marcoule von sich reden, als bei einer Explosion ein Mitarbeiter starb, aber angeblich keine Radioaktivität austrat. »Die Bevölkerung hat immer weniger Vertrauen in die Atomkraft«, meint Hameaux, die die Menschenkette mit organisiert hat. Eine solche Großveranstaltung wäre vor Fukushima in Frankreich kaum denkbar gewesen. Bereits am Samstag hatten rund 700 deutsche und französische Aktivisten gegen den Uraltreaktor Fessenheim an der deutschen Grenze protestiert.

Nach einer IFOP-Studie einige Monate nach Fukushima sprachen sich 62 Prozent der Franzosen für einen längerfristigen Ausstieg aus. Jedoch zeigen neue Zahlen, dass die Franzosen ein Jahr nach Fukushima weniger besorgt um ihre AKW sind als kurz nach dem Unfall: Im April 2011 zeigten sich 56 Prozent »beunruhigt« über den Zustand der Reaktoren, heute sind es nur noch 42 Prozent.

Doch »Sortir du nucléaire« glaubt, einen Anstieg der Atomgegner zu beobachten. Neue Gruppen seien gegründet worden, viele junge Leute hinzugestoßen, so Hameaux. Sie stellten sich oftmals mit »Aktionen des zivilen Ungehorsams« gegen die Atomkraft - ein Novum für Atomproteste in Frankreich.

Unterdessen wurde bekannt, dass es im AKW Cattenom nahe der deutschen Grenze wieder eine Panne gegeben hat. Am Wochenende musste Reaktorblock 2 zum dritten Mal seit Anfang Februar ungeplant abgeschaltet werden. Der Vorfall habe aber keine Auswirkungen auf Umwelt und Personal gehabt, betonte AKW-Betreiber EDF.

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