Bedrohliches Schweigen

Hertha BSC verliert 1:4 gegen den VfL Wolfsburg und den Anschluss an die Nichtabstiegsplätze

Sprachlosigkeit bei Hertha BSC - auch am Tag nach der 1:4-Heimniederlage gegen den VfL Wolfsburg. Vom sonntäglichen Auslaufen der Mannschaft wurde die Öffentlichkeit ausgeschlossen. Tags zuvor liefen alle Berliner Fußballer wortlos an Journalisten und Fernsehkameras vorbei in die Kabine.

Wohl oder übel, einer musste sich am Samstagabend doch noch den unangenehmen Fragen stellen. »Rehhagel kommt«, schallte es durch die Katakomben des Olympiastadions. Gequälten Schrittes lief Hertha-Trainer Otto Rehhagel pflichtgemäß erst die Fernsehstationen ab, um dann zerknirscht auf der Pressekonferenz zu erscheinen. Viel hatte der 73-Jährige auch nicht zu sagen. Aber die wenigen Sätze gaben schon einen Einblick in die Gemütslage beim Berliner Bundesligisten. »Manchmal ist es besser, wenn man nichts sagt«, zeigte Rehhagel erst Verständnis für den Medienboykott der Spieler. Dann erklärte er warum: »Wichtig ist, dass jetzt keine Schuldzuweisungen kommen.« Und man müsse sich jetzt gegenseitig wieder aufbauen. Scheinbar sind nicht nur die Spieler verunsichert, verzweifelt und ratlos.

Wie entscheidend ein gesundes Selbstvertrauen und der Glaube an die eigenen Stärken, ganz besonders im Abstiegskampf, sein können, war in der Partie der Berliner gegen Wolfsburg bestens zu beobachten. Gestärkt und voller Zuversicht vom Sieg in Mainz begann Hertha vor 46 388 Zuschauern das Spiel: hellwach in der Defensive, zweikampfstark sowie konzentriert und präzise im Offensivspiel nach der Balleroberung. Nach sieben Minuten vergab Raffael noch die erste Chance, sechs Minuten später führten die Berliner 1:0. Nachdem Nikita Rukavytsya noch an VfL-Torwart Diego Benaglio gescheitert war, staubte Kapitän Lewan Kobiaschwili aus fünf Metern ab. Änis Ben-Hatira hätte die Führung in der 22. Minute ausbauen können, als er mutig zum Solo ansetzte und von der Strafraumgrenze abzog. Doch der Ball strich knapp am Torwinkel vorbei.

Der zweite Hertha-Treffer ließ die Partie kippen und zeigte, wie fragil und substanzlos das mühsam aufgebaute Selbstvertrauen ist. Der Berliner Verteidiger Christoph Janker beförderte den Ball nach 29 Minuten zum 1:1 unglücklich ins eigene Tor. Bis dahin hatten die Gäste keine ernstzunehmende Chance. Bis zum Ende der ersten Halbzeit waren es dann gleich vier. Eine nutzte VfL-Stürmer Patrick Helmes fünf Minuten nach dem Ausgleich zur Führung.

So nahm die Partie nach Wiederanpfiff ihren Lauf. Hertha gab sich zwar nie auf und erspielte sich gegen eine unsortierte Wolfsburger Abwehr auch klare Möglichkeiten. Doch Ben-Hatira (48.), Pierre-Michel Lasogga (60.) und Adrian Ramos (66./73.) versagten vor Benaglio die Nerven. »Man muss in den entscheidenden Momenten zeigen, dass man solchen Situationen gewachsen ist. Das war nicht der Fall«, resümierte Rehhagel.

Nach zwei weiteren Wolfsburger Treffern durch Mario Mandzukic (77.) und erneut Helmes (81.) sowie Punktgewinnen der Konkurrenten im Abstiegskampf ist die Situation laut Rehhagel »bedrohlich«. Den Vorletzten trennen nun schon vier Punkte von den Nichtabstiegsplätzen. Was die Spieler wohl dazu sagen?

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