Neuer Anlauf zum Marsmond Phobos

Russische Raumfahrtagentur Roskosmos will die Pleite mit der Sonde Phobos-Grunt tilgen

  • Irina Wolkowa, Moskau
  • Lesedauer: 3 Min.

Die russische Raumfahrtagentur Roskosmos will einen zweiten Anlauf zur Erkundung des Marsmondes Phobos starten. Der erste Versuch endete bekanntlich mit einer Katastrophe. Die Sonde Phobos-Grunt, die im November des vergangenen Jahres vom Weltraumbahnhof Baikonur in Kasachstan gestartet war und einen Roboter an Bord hatte, der auf dem Begleiter des roten Planeten Gesteinsproben einsammeln und mit diesen zur Erde zurückkehren sollte, entglitt der Kontrolle seiner Meister, kaum, dass die Triebwerke der Trägerrakete gezündet wurden. Die Bordelektronik hatte es nicht geschafft, sich auf den Mars auszurichten. Die Sonde konnte die Erdanziehungskraft nicht überwinden, blieb daher auf einer erdnahen Umlaufbahn, sank immer tiefer und zerbarst Mitte Januar beim Eintauchen in die dichteren Schichten der Atmosphäre; die Trümmer des Wracks stürzten dann vor der Küste Südamerikas in den Pazifik

Die Ursachenforschung zog sich über mehrere Monate hin. Roskosmos servierte der Öffentlichkeit dabei auch sehr bizarre Hypothesen. Allen Ernstes wurde der Vermutung nachgegangen, die Elektronik eines USA-Startplatzes für Interkontinentalraketen habe den Funkverkehr der Sonde mit der russischen Bodenstation gestört. Schließlich einigte man sich auf eine Version, wonach das Störfeuer von elektrisch aufgeladenen Teilchen schwerer Materie im All kam.

Es war die vorerst letzte einer ganzen Serie von Pannen, die den bis dato guten Ruf der russischen Raumfahrtagentur nachhaltig beschädigten. Roskosmos-Chef Anatoli Perminow sah sich daher sogar gezwungen, seinen Hut zu nehmen.

Denn gerade um den Flug zum Marsmond Phobos hatten staatsnahe Medien einen propagandistischen Wirbel ohnegleichen entfacht: Es war die erste Mission zu einem anderen Planeten seit fünfzehn Jahren und der erfolgreiche Rückflug zu Mutter Erde sollte vor allem Russlands Pläne für einen bemannten Marsflug voranbringen.

Ungeachtet der damit verbundenen, derzeit noch ungelösten technischen Probleme sollte die Mission im Idealfall schon um das Jahr 2030 über die Bühne gehen. Weil dabei astronomischen Kosten anfallen, wollte Roskosmos das Vorhaben aber in Kooperation mit westlichen Partnern, Japan und China realisieren. Deren Begeisterung hielt sich jedoch schon vor dem Absturz von Phobos-Grunt in Grenzen. Russland hält aus Prestigegründen dennoch am Projekt fest: Auch, weil die Amerikaner bei der ersten bemannten Mondlandung schneller waren.

Um Risiken zu minimieren, werde man sich bei der zweiten Mission zum Marsmond davor hüten, die erste »blindlings« zu kopieren. So jedenfalls der neue Roskosmos-Chef Wladimir Popowkin nach einer Beratung mit den am Projekt beteiligten Forschern. Diese hätten selbst die Initiative ergriffen und eine Reihe von Vorschlägen gemacht, mit denen eine Wiederholung der Panne ausgeschlossen werden soll.

Der Roboter und vor allem die neue Bordelektronik sollen sich daher zunächst beim Sammeln von Gesteinsproben auf dem Erdtrabanten bewähren. Gleich zwei Mondmissionen sind dazu geplant: Luna-Glob und Luna-Ressource. Einige Elemente sollen außerdem bei dem russisch-europäischen Gemeinschaftsprojekt Ekso-Mars einem zusätzlichen Test unterzogen werden.

Der Zeitfahrplan dazu steht bisher jedoch nicht einmal in Ansätzen fest. Auch über die Kosten hüllte sich Popowkin in Schweigen. Die abgestürzte Sonde kostete den russischen Steuerzahler über fünf Milliarden Rubel, das sind rund 128 Millionen Euro.

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