Kein Tag ohne Kirchenasyl

Die meisten Fälle gelangen gar nicht an die Öffentlichkeit

  • Yvonne Jennerjahn, epd
  • Lesedauer: 2 Min.

In Brandenburg gibt es derzeit drei Fälle von Kirchenasyl - in Rathenow, Prenzlau und Frankfurt (Oder). Auch in Berlin werde mehreren von Abschiebung bedrohten Menschen Kirchenasyl gewährt, sagte der Integrationsbeauftragte der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, Hanns Thomä. Die Härtefallkommissionen haben zwar »zu großer Entspannung« geführt. »Trotzdem fallen auch dort immer wieder Leute durch den Rost«, betonte der Theologe.

Die Zahl der aktuellen Kirchenasyle in Berlin und Brandenburg sei nicht ungewöhnlich, sagte Thomä. Seit seinem Amtsantritt als kirchlicher Ausländerbeauftragter 1984 in Westberlin sei seine Arbeit kontinuierlich auch von der Aufnahme von Flüchtlingen in den Gemeinden geprägt worden. »Ich kann mich nicht an eine Zeit erinnern, in der es kein Kirchenasyl gab«, sagte Thomä.

Die meisten Fälle geraten jedoch nicht in die Öffentlichkeit. »In vielen Fällen gibt es einen fairen Kontakt zu den Behörden, dann ist es einfacher ohne Öffentlichkeit.« Die Entscheidung zur Gewährung von Kirchenasyl werde ohnehin selbstständig von den Gemeinden getroffen. Ausschlaggebend sei zunächst meist der Eindruck, »da ist ein Mensch, der hat panische Angst«. Danach beginne die Suche nach humanitären Lösungen.

Die Menschen, denen zur Zeit in Brandenburg jeweils seit mehreren Monaten Kirchenasyl gewährt werde, seien in ganz unterschiedlichen Situationen, berichtete Thomä. In allen drei Fällen gebe es jedoch »schwerwiegende humanitäre Gründe, weshalb wir dafür eintreten, dass sie hierbleiben sollen«. In zwei Fällen wird dabei ein Asylverfahren in Deutschland, in einem Fall ein Bleiberecht nach langem Aufenthalt angestrebt. In Prenzlau bemühe sich eine Gemeinde darum, einen Afghanen, der bei einer Minenexplosion ein Bein verloren hat, vor der Abschiebung nach Italien zu bewahren, da ein Asylverwahren dort wegen der schlechten Versorgung unzumutbar sei, erklärte Thomä. In Frankfurt (Oder) drohe einer tschetschenischen Familie die Ausweisung nach Polen, mit der Gefahr, dann von dort ins Heimatland abgeschoben werden. In Rathenow gehe es darum, ein Bleiberecht für einen seit mehr als zehn Jahren in Deutschland lebenden und gut integrierten Mann aus Kamerun zu erreichen. Mit dem Fall will sich noch im Mai die Härtefallkommission befassen.

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