Verheerender Anschlag in Damaskus

Bewaffnete Opposition und Regierung beschuldigen sich gegenseitig

  • Karin Leukefeld, Damaskus
  • Lesedauer: 2 Min.
Bei zwei schweren Anschlägen in Damaskus sind nach Angaben des syrischen Innenministeriums mindestens 55 Menschen getötet worden. 372 weitere Personen seien verletzt worden, hieß es in einer Stellungnahme am Donnerstagmittag.

In der Verlautbarung hieß es weiter, die Täter hätten eine Tonne Sprengstoff in Fahrzeugen zur Explosion gebracht. Fernsehaufnahmen zeigten Dutzende ausgebrannter Autowracks auf der Schnellstraße Al Qazzaz im Süden der syrischen Hauptstadt, verkohlte menschliche Überreste waren zu sehen. Die Explosionen ereigneten sich zwischen 7.30 Uhr und 8.00 Uhr im morgendlichen Berufsverkehr. Ebenfalls beschädigt wurde ein Gebäude, in dem der Geheimdienst der syrischen Luftwaffe untergebracht sein soll.

Der militärische Leiter der UN-Beobachtermission, der norwegische Generalmajor Robert Mood, forderte am Anschlagsort die Verantwortlichen für die Anschläge »in Syrien oder außerhalb« auf, ihre abscheulichen Taten einzustellen. Die Syrer bräuchten eine Chance für eine friedliche Lösung ihres Konflikts. Ein Sprecher des Syriensonderbeauftragten, Kofi Annan, bezeichnete die Anschläge als »inakzeptabel« und forderte ein Ende der Gewalt. Die syrische Führung machte »Terroristen« verantwortlich. Der im Ausland agierende Syrische Nationalrat (SNR) erklärte dagegen, das »Regime« wolle mit den Anschlägen die internationalen Beobachter der Waffenruhe einschüchtern. Zugleich nutze es sie die Taten, um bewaffnete Gruppen und Al Qaida verantwortlich zu machen. Damit wiederum rechtfertige die Führung ihr hartes Vorgehen gegen die »Opposition«, so die Argumentation.

Oppositionelle in Syrien werfen den syrischen Sicherheitskräften vor, islamistische Kämpfer im Land geduldet zu haben, die ihr blutiges Handwerk nun in Syrien verübten. Dem SNR werfen sie vor, mit ihrem Ruf nach »Bewaffnung der Freien Syrischen Armee«, einer »NATO-Intervention« oder »humanitären Korridoren« die Gewaltspirale anzukurbeln. Abdulaziz Al-Khair vom Präsidium des Nationalen Koordinationskomitees für Demokratischen Wandel betonte im Gespräch mit der Autorin in Damaskus seine Politik der »Drei Neins«: »Nein zur Gewalt«, »Nein zur Internationalen Intervention« und »Nein zum Konfessionalismus«. Der Annan-Plan werde vom »Regime hintergangen«, sagte Khair.

Ebenso werde der Plan durch all diejenigen sabotiert, die eine Bewaffnung der Opposition betrieben und dafür auch mit Al Qaida zusammenarbeiteten. »Die haben überhaupt kein Interesse an einem politischen Prozess«, so Khair.

Internationale Beobachter in Damaskus haben seit Herbst einen Zustrom islamistischer Kämpfer aus Irak, Libanon und der Türkei ausgemacht. Ein arabischer Kollege, der in den teilweise von Aufständischen kontrollierten Gebieten zwischen Homs und Idlib recherchierte, berichtete von »Marokkanern, Libyern, Ägyptern, Jemeniten« unter den Kämpfern. Nach den schweren Anschlägen im Dezember in Damaskus hatte die US-Regierung ihre Botschaft in Damaskus geschlossen.

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