Parteivorstand tagt im Regionalzug

LINKE kämpft gegen Ausdünnung der Bahnverbindung Neustadt-Kyritz-Pritzwalk

Noch fährt die Prignitzer Eisenbahn stündlich von Neustadt (Dosse) über Wusterhausen und Kyritz nach Pritzwalk. Doch mit dem Winterfahrplan droht eine erhebliche Einschränkung. Auf dem Abschnitt von Kyritz nach Pritzwalk soll es dann nur noch morgens und abends eine Verbindung geben, sagt Heiligengrabes Bürgermeister Holger Kippenhahn (LINKE). Seine Gemeinde ist betroffen, denn die Linie PE 73 hält im Ortsteil Blumenthal. Das Nachsehen hätten vor allem Pendler, die in Neustadt umsteigen, um zur Arbeit nach Berlin zu gelangen, aber auch Kunden und Patienten, die zum Einkaufen oder zum Arzt in Kyritz oder Pritzwalk möchten.

Die LINKE wollte am Montagabend mit einer ungewöhnlichen Maßnahme gegen die Einschränkung protestieren. Sie verlegte die Sitzung des Regionalvorstands für Kyritz, Neustadt (Dosse), Wusterhausen und Gumtow in die Bahn. Um 18.25 Uhr wollten die Genossen in Neustadt (Dosse) einsteigen und um 19.27 Uhr in Pritzwalk den Zug zurück nehmen. Wichtigstes Thema der Sitzung: die drohende Ausdünnung der Bahnverbindung. Daneben sollten jedoch - ganz ordentlich - auch andere Tagesordnungspunkte abgehandelt werden, zum Beispiel die Finanzausstattung der Kommunen. Bürger waren eingeladen, mitzufahren und sich auf diese Weise an dem Protest zu beteiligen.

Die Idee dabei: Es reicht nicht aus, Unterschriften zu leisten. Wenn Zugverbindungen gerettet werden sollen, dann sind mehr Fahrgäste hilfreich. »Es wird noch zu häufig das private Auto genommen, weil der Sprit offenbar noch nicht teuer genug ist«, bedauert Bürgermeister Kippenhahn, der auch Regionalvorsitzender der LINKEN ist. Er erwartet jedoch, dass die Benzinpreise weiter steigen. Dann wäre es sehr bedauerlich, wenn der Zug gar nicht mehr fährt. Seiner Ansicht nach besteht diese Gefahr. Denn es gehört nicht viel Fantasie dazu, sich die Folgen einer Ausdünnung auszumalen. Fahrgäste, denen keine Rückfahrt zu einer vernünftigen Zeit ermöglicht wird, und die ein Auto haben, setzen sich nicht mehr in den Zug, sondern hinters Steuer. Damit sinken die Fahrgastzahlen auch noch früh und abends. Schließlich wird die ganze Strecke still gelegt. Mit dem Güterverkehr allein rechnet sich die Schiene nicht. Dieser Transport wird auch noch auf die Straße verlagert. Das wäre ein Standortnachteil. Am Ende hätte die Region also noch einen wirtschaftlichen Schaden. Kippenhahn bittet und ermuntert deswegen, wo immer möglich den Zug zu nehmen.

Unterschriften sind übrigens gleichwohl gesammelt und zum Teil auch schon ans Verkehrsministerium übergeben worden. Allein 700 Unterschriften aus Heiligengrabe und Umgebung sind dabei gewesen und mindestens genauso viele Unterschriften liegen noch bei ihm auf dem Schreibtisch, berichtet Kippenhahn. Viele Listen treffen jetzt erst bei ihm ein. Es werde nämlich weiter gesammelt, sagt der Bürgermeister.

Ziel der beabsichtigten Einsparungen bei den Strecken PE 73 (Neustadt-Pritzwalk) und PE 74 (Pritzwalk-Meyenburg) ist es, dass die jährlichen Aufwendungen des Landes 2013 und 2014 eine Summe von zirka 2,5 Millionen Euro nicht übersteigen. Hintergrund sind relativ geringe Fahrgastzahlen. In der Prignitz, wo lediglich 22 Einwohner pro Quadratkilometer leben, sei dies aber auch nicht überraschend, argumentiert Kippenhahn. »Es ist klar, dass wir uns an den Fahrgastzahlen im Berliner Speckgürtel nicht messen können, aber die Eisenbahn hat gleichwohl eine große Bedeutung für uns.« Wenn der Bürgermeister von seinem Wohnort Kyritz zur Arbeit nach Heiligengrabe fährt, nimmt er übrigens das Auto, wie er freimütig zugibt. Dann schafft er es in 20 Minuten. Mit Bus und Bahn wäre er stundenlang unterwegs.

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