Paris mit neuen Gesichtern und Ministerien

Hollande schuf Regierungsposten für unterschiedliche Strömungen und Ziele

  • Ralf Klingsieck, Paris
  • Lesedauer: 2 Min.
Die neue französische Linksregierung, die am Donnerstag ihre erste Kabinettssitzung abgehalten hat, macht in ihrer Zusammensetzung und mit neuen Ministerien bereits Linien der künftigen Politik deutlich.

Ursprünglich hatten Präsident François Hollande und sein Premier Jean-Marc Ayrault ein straffes Kabinett von etwa 20 Ministern geplant, doch als dieses am Mittwoch fertig war, gab es Aufruhr unter den dabei übergangenen PS-Politikern. So musste der Regierungschef noch einmal von vorn anfangen, neue Posten schaffen, umstellen, jonglieren, überzeugen.

Das kostete Nerven und Zeit, sodass sich die Bekanntgabe Stunde um Stunde verzögerte und erst knapp vor den abendlichen Fernsehnachrichten erfolgen konnte. Das Ergebnis ist nun eine Regierung mit 34 Ministern, wobei mit je 17 Männern und Frauen die von Hollande angekündigte Parität tatsächlich eingehalten wurde. Jetzt sind alle Strömungen innerhalb der Sozialistischen Partei angemessen berücksichtigt und auch die Koalitionspartner Partei der Grünen und Bewegung der linken Radikalen (MRG) sind mit je einem Minister vertreten.

So ist beispielsweise der eher rechte Sozialist und Sicherheitsexperte der PS Manuel Valls zum Innenminister ernannt worden, während der linke Sozialist Arnaud Montebourg, der vehement für den Schutz der nationalen Wirtschaft und für »Ent-Globalisierung« eintritt, das neu geschaffene Ministerium für »Wiederaufrichtung der Produktion« bekam.

Die Grünen-Vorsitzende Cécile Duflot wurde Ministerin für Wohnungsbau und Regionalentwicklung und die MRG-Europaabgeordnete Christiane Taubira Justizministerin.

Viele junge Gesichter in der Regierung zeugen vom Willen des Präsidenten, einen Generationswechsel in der Politik zu vollziehen. Seine Sprecherin im Wahlkampf, Najat Vaullaud-Belkacem, die mit 34 Jahren die jüngste Ministerin ist, bekam das neu geschaffene Ressort für die Rechte der Frauen. Sie und etliche andere Regierungsmitglieder zeugen auch vom Willen, Bevölkerungsminderheiten ausländischer Herkunft angemessen zu berücksichtigen.

Nur ein halbes Dutzend Minister hat bereits Erfahrungen aus früheren Linksregierungen. Sie bekamen allerdings Schlüsselministerien wie Pierre Moscovici das Wirtschafts- und Finanzressort und Michel Sapin das Ministerium für Arbeit und sozialen Dialog, wobei letzterer Zusatz ebenfalls neu und programmatisch ist. Der international bekannte Ex-Premier Laurent Fabius wurde Außenminister und nimmt protokollarisch in der Regierung den zweiten Platz ein. Dass die Linksfront fehlt, liegt daran, dass das Bündnis aus Kommunisten und Linkspartei über eine eventuelle Regierungsbeteiligung erst nach den Parlamentswahlen entscheiden will, die in der ersten Junihälfte stattfinden. Am meisten kommentiert wird das Fehlen von Martine Aubry, die nun doch Vorsitzende der PS bleiben will, da Hollande das von ihr angestrebte Amt des Regierungschefs lieber an den ihm deutlich näher stehenden Jean-Marc Ayrault vergeben hat.

Mit der Bildung der Regierung wurde bekannt gegeben, dass ab sofort die Gehälter von Präsident, Premier und Ministern um 30 Prozent gekürzt sind im Vergleich zu denen ihrer unmittelbaren Amtsvorgänger. Seite 4

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