nd-aktuell.de / 30.05.2012 / Wirtschaft und Umwelt / Seite 16

Netzausbau viel zu langsam

Bundeskanzlerin räumt Probleme ein

Die Kanzlerin besuchte die Bundesnetzagentur, um sich über den Stand des Netzausbaus zu informieren. Dabei räumte sie Probleme bei der Energiewende ein.

Berlin (dpa/nd). Am heutigen Mittwoch wollen die vier Betreiber der Stromübertragungsnetze den Entwurf für eine Bundesnetzplanung vorstellen. Bis Ende des Jahres soll per Gesetz ein Masterplan für den bundesweiten Stromnetzausbau vorliegen. Einen Tag zuvor hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gemeinsam mit Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) und Umweltminister Peter Altmaier (CDU) die Bundesnetzagentur in Bonn besucht, um sich ein Bild von der Situation zu machen. Dabei räumte die Kanzlerin große Probleme beim Netzausbau ein. Der wird deshalb nötig, weil nach Abschaltung mehrerer Atomkraftwerke und infolge des in der Vergangenheit zögerlichen Ausbaus der Windkraft in den südlichen Bundesländern wachsende Energiemengen aus dem Norden und Osten nach Süden transportiert werden müssen.

Brandenburgs Wirtschaftsminister Ralf Christoffers (LINKE) kritisierte die mangelnde Koordinierung des Netzausbaus auf Bundesebene. Brandenburg produziere mehr erneuerbare Energie, als es verbraucht, habe jedoch Probleme, den Strom in andere Bundesländer zu transportieren. Das Leitungsnetz sei an seiner Kapazitätsgrenze angelangt. Allein im Jahr 2010 mussten 1085 Mal Wind- und Solaranlagen vom Netz genommen werden. Ein Teil des Stroms aus Brandenburg fließt über Polen und Tschechien nach Süddeutschland. Dort wiederum müssten deshalb Kraftwerke zurückgefahren werden. »Da gibt es Grenzen des gegenseitigen Verständnisses«, sagte Christoffers.

Rösler kündigte eine stärkere Rolle des Bundes an. Mit dem neuen Netzentwicklungsplan will der Bund Trassenprojekte mit besonderer Priorität selbst in die Hand nehmen. »400 Kilometer Stromautobahnen sollen von der Bundesnetzagentur in Eigenregie geplant werden«, sagte Rösler der »Passauer Neuen Presse«. Nach Schätzungen der Deutschen Energie-Agentur sind knapp 4500 Kilometer Höchstspannungsleitungen notwendig. Merkel betonte, mit dem neuen Netzausbaubeschleunigungsgesetz gebe es mehr Bürgerbeteiligung. »Es geht für die Bürgerinnen und Bürger natürlich vor allen Dingen darum, dass wir persönliches Eigentum so wenig wie möglich in Beschlag nehmen«, sagte die Bundeskanzlerin.