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Schwammige Retourkutsche

In der FIFA-Korruptionsaffäre holt Joseph Blatter zum Gegenschlag aus und kontert die Kritik des DFB

  • Eric Dobias, dpa
  • Lesedauer: 3 Min.
FIFA-Präsident Blatter setzt sich gegen die heftige Kritik aus Deutschland zur Wehr. Er deutet Unregelmäßigkeiten bei der Vergabe der WM 2006 an. Wegen Blatters Verharmlosung der FIFA-Korruptionsaffäre ist der DFB auf Distanz zum umstrittenen Schweizer gegangen.

Der schwer unter Druck geratene Joseph Blatter hat zur verbalen Gegenattacke ausgeholt und den auf Distanz gegangenen Deutschen Fußball-Bund in Verlegenheit gebracht. In einem Interview mit der Schweizer Boulevardzeitung »SonntagsBlick« deutete der FIFA-Präsident Unregelmäßigkeiten bei der Vergabe der Fußball-WM 2006 nach Deutschland an. Mit diesen nebulösen Vorwürfen setzte er sich gegen die zunehmende Kritik deutscher Fußball-Funktionäre zur Wehr.

»Gekaufte WM ... Da erinnere ich mich an die WM-Vergabe für 2006, wo im letzten Moment jemand den Raum verließ. Und man so statt 10 zu 10 bei der Abstimmung ein 10 zu 9 für Deutschland hatte. Aber, na ja, es steht plötzlich einer auf und geht. Vielleicht war ich da auch zu gutmütig und zu naiv«, sagte Blatter. Auf die Nachfrage, ob er vermute, dass die WM gekauft worden sei, antwortete der FIFA-Boss: »Nein, ich vermute nichts. Ich stelle fest.«

Fedor Radmann, Vizepräsident des WM-Organisationskomitees der WM 2006, wies dies zurück. »Wir haben die Abstimmung 12:11 gewonnen und nicht 10:9 und durch die Enthaltung von Charles Dempsey haben wir seine Stimme verloren und nicht gewonnen. Dempsey hatte dem DFB zugesichert, zuerst für England zu stimmen und nach einem Ausscheiden Englands für Deutschland.«

Die schwammige Aussage ist eine Retourkutsche von Blatter, der wegen seiner Verharmlosung der FIFA-Korruptionsaffäre vor allem aus Deutschland heftig kritisiert und von Ligapräsident Reinhard Rauball sogar zum Rücktritt aufgefordert worden war. »Ich spreche für das gesamte DFB-Präsidium, wenn ich sage: Wir sind erschüttert. Es ist ein schockierender Fakt«, sagte DFB-Präsident Wolfgang Niersbach am Samstag zum Ausmaß des Skandals und stellte Blatter an den Pranger.

»Genauso schockiert bin ich über die Reaktion des FIFA-Präsidenten. Wenn nichtunbedeutende Entscheidungsträger der FIFA offensichtlich Geld kassiert haben und dann gesagt wird, es war damals nicht verboten, ist das eine Reaktion, von der wir als DFB uns nur total distanzieren können«, erklärte Niersbach.

Anders als Rauball, der den FIFA-Boss in einem Telefonat zum Rücktritt aufgefordert hatte, wollte Niersbach öffentlich keine Konsequenzen fordern. »Wenn so eine Situation passiert, ist zuerst der Betroffene gefragt. Die Frage nach einem Rücktritt kann nur der Betroffene selbst beantworten«, sagte Niersbach.

Doch Blatter denkt gar nicht daran, das Handtuch zu werfen. »Rauball hat mich am Freitag angerufen und mir gesagt, ich solle zurücktreten. Ich sagte ihm, das sei nicht so einfach, wie er sich das vorstelle. Schließlich bin ich vom Kongress gewählt«, sagte Blatter.

Immerhin ist der Schweizer nun doch von Ehrenpräsident João Havelange abgerückt. »Er muss weg. Er kann nicht Ehrenpräsident bleiben nach diesen Vorfällen. Ich werde beantragen, dass das Thema beim nächsten Kongress behandelt wird«, sagte Blatter. Dies hatte zuvor bereits FIFA-Exekutivmitglied Theo Zwanziger gefordert.

Der 96 Jahre alte Havelange und dessen brasilianischer Landsmann Ricardo Teixeira hatten von der Marketingfirma ISMM/ISL umstrittene Provisionen in Millionenhöhe eingestrichen. Blatter betonte, er habe von den Schmiergeldzahlungen erst Jahre später erfahren.

Die deutschen Spitzenfunktionäre fordern nun eine Aufklärung der skandalösen Vorfälle. »Ich will wissen, wer davon profitiert hat, welchem Zweck diese Zahlungen dienten und wie viel Geld der FIFA durch den ISL-Konkurs entgangen ist«, sagte Rauball.

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