Silberne Flugshow

Deutsche Turner verabschieden sich mit zwei Silbermedaillen aus London

  • Oliver Händler, London
  • Lesedauer: 3 Min.
Marcel Nguyen hat bei den Olympischen Spielen seine zweite Turnmedaille gewonnen. Nach Platz zwei im Mehrkampf sicherte er sich auch an seinem Paradegerät Barren Silber. Am Reck endeten auch für Fabian Hambüchen die Spiele silbern.

Die North Greenwich Arena wird Marcel Nguyen wohl ewig in guter Erinnerung behalten. Nach der sensationellen Silbermedaille im Mehrkampf konnte er am Dienstag auch an seinem Paradegerät glänzen. Der Münchner wiederholte sein Kunststück aus der Vorwoche und kam hinter dem neuen Olympiasieger Feng Zhe aus China erneut auf Rang zwei. »Ich bin überglücklich darüber, wie diese Spiele für mich gelaufen sind. Ich wollte unbedingt eine Medaille. Jetzt habe ich zweimal Silber. Das ist viel mehr, als ich je von mir selbst erwartet habe«, sagte der strahlende Nguyen.

Wie schwer es sein würde, eine Medaille zu erreichen, zeigte sich bereits beim ersten Turner, Mitfavorit Zhang Chenglong. Der chinesische Teamolympiasieger riskierte viel und musste vorzeitig von den zwei Holmen absteigen. Sein Landsmann Feng machte es besser, turnte die schwierigste Übung ohne Fehler in einen sicheren Stand und bekam verdient 15,966.

Nguyen hätte bei einem geringeren Schwierigkeitsgrad nur mit einer perfekten Übung mithalten können. Alle Flugelemente passten, doch ein Hopser beim Tsukahara-Abgang, dem schwersten des gesamten Feldes verhinderte Gold. Vor dem Franzosen Hamilton Sabot, der überraschend Bronze gewann, konnte sich Nguyen mit 15,8 Punkten zunächst halten.

Die Medaille war jedoch erst sicher, als der Japaner Yusuke Tanaka geturnt hatte. Dieser war zwar als bester Barrenturner aus der Qualifikation hervorgegangen, leistete sich im Finale aber zwei unsaubere Handstände und einen großen Schritt beim Abgang. Tanakas Bruder Kazuhito hatte durch seinen Sturz am Pauschenpferd sechs Tage zuvor Nguyen bereits Silber im Mehrkampf überlassen. Nun fielen sich der Deutsche und sein Trainer Waleri Belenki in die Arme und hüpften wie Kinder vor Freude über das zweite Silber.

»Er schien überhaupt nicht nervös zu sein, viel ruhiger als ich«, sagte Belenki. »Coach, mach dir keine Sorgen!«, soll ihm Nguyen zugerufen haben. Zusammen mit einem Wettangebot. Die tolle Übung brachte Nguyen letztlich nicht nur Silber, sondern auch Champagner vom Trainer.

Traditionell bescherten danach die besten Flieger den Turnfans einen atemberaubenden Abschied von den olympischen Wettkämpfen in der North Greenwich Arena, im Südosten Londons, und Fabian Hambüchen bekam endlich seine ersehnte Medaille. Platz zwei am Reck hinter dem Niederländer Epke Zonderland versüßten bis dahin durchwachsene Spiele für den 24-Jährigen aus Wetzlar.

Nach einer starken Übung stand er schließlich eine Stufe höher auf dem Siegerpodest als noch vor vier Jahren in Peking. Titelverteidiger Zou Kai (China) blieb diesmal Rang drei. An Hambüchens stärkstem Gerät turnte er die viertschwerste Übung, für die er die besten Noten in der Ausführung bekam. Er hatte sich bewusst dafür entschieden, in der Schwierigkeit zwei Zehntelpunkte auszusparen, und die Betonung auf die Präsentation zu legen. Gegen Zonderlands Flugshow war das aber nicht gut genug. Der Niederländer bekam für drei spektakuläre Flugelemente in Serie Szenenapplaus vom Publikum. Der sicherste Abgang des Feldes machte den Sieg dann perfekt.

Auch wenn Hambüchen ein wenig auf Gold gehofft hatte, und die Männerriege eine Medaille wollte, haben die deutschen Turner letztlich die Olympischen Spiele sehr erfolgreich abgeschlossen. »Das Fazit fällt rundum positiv aus«, sagte Bundestrainer Andreas Hirsch. »Drei Silbermedaillen sind sensationell. Wer hätte das vorher gedacht? Ich bin unheimlich stolz auf die Jungs.«

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