Ein Schritt Richtung »Equal Pay«

Immer mehr Leiharbeit, aber weiterhin keine gleiche Bezahlung

  • Marcus Meier, Köln
  • Lesedauer: 3 Min.
Am Rande der Kölner Fachmesse zu Personalmanagement wurde auch über die Frage der korrekten Bezahlung von Leiharbeitern diskutiert.

»Equal Pay«, gleiches Arbeitsentgelt auch für Leiharbeiter, ist in fast allen europäischen Staaten Standard. Nun rückt Deutschland ein Stückweit nach: mit Zuschlägen, die je nach Beschäftigungsdauer steigen, zunächst in der Metallbranche. Reicht das? Darüber stritten am Mittwoch eine Zeitarbeits- und eine Arbeitgebervertreterin mit dem Gewerkschafts- und SPD-Funktionär Armin Schild.

Die Damen auf der Kapitalseite des Podiums waren sich einig: Die mit den Gewerkschaften vereinbarten Zuschläge sind »ein Befreiungsschlag«, haben (erfreulicherweise) eine verbindliche Gesetzesregelung verhindert - jetzt müsse Ruhe einkehren. Schluss mit den Negativberichten über die Zeitarbeitsbranche, forderten fast unisono Bettina Schick, die das operative Geschäft bei der Trenkwalder Personaldienste GmbH leitet, und Valerie Holsboer, Hauptgeschäftsführerin der Arbeitgebervereinigung Nahrung und Genuss.

Ab 1. November werden Leiharbeiter in der Metall- und Elektrobranche besser gestellt als bisher: Nach sechs Wochen am selben Arbeitsplatz steigt ihr Einkommen um 15 Prozent, nach neun Monaten gibt es einen Zuschlag von 50 Prozent auf das meist niedrige Basisgehalt, das bei tariflich vereinbarten 8,19 Euro für Geringqualifizierte liegt. Die Chemiebranche wird wohl nachziehen, die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di verhandelt ebenfalls über zeitlich gestaffelte Zuschlagszahlungen.

»Equal Pay in der Zeitarbeit: (ge)recht so?« - diese Frage wurde in Köln auf der Fachmesse »Zukunft Personal« diskutiert. Die Branchenzuschläge seien allenfalls »ein Beitrag zur Zivilisierung von Leiharbeit, aber weitere Maßnahmen müssen folgen, auch gesetzliche«, betonte Armin Schild, Leiter der IG Metall in Hessen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Thüringen. Die Branche müsse für Ordnung sorgen, schwarze Schafe bekämpfen und eine Antwort in der Debatte um Armutsrenten geben. Dann habe die Leiharbeit »eine klasse Perspektive«, sagte Schild, der auch im Bundesvorstand der SPD sitzt. Er bezeichnete sich selbst als Erfinder des Zuschlagmodells, für das er seit acht Jahren und gegen Widerstände in den DGB-Gewerkschaften kämpfe.

´Unter den Trenkwalder-Kunden gebe es Firmen, die die neue Zuschlagsregelung umgehen wollen, plauderte Managerin Schick: »Die wollen jetzt nach sechs Wochen die Mitarbeiter austauschen, um sich die Zuschläge zu sparen.«

Explosionsartig war die Zahl der Leiharbeitnehmer nach der rot-grünen Hartz-I-Reform 2003 angestiegen, die »neue Modelle« der Arbeit erleichtern sollte. Von knapp 320 000 im Vor-Reform-Jahr 2002 über fast 444 000 drei Jahre später auf 895 000 heute. Grundlage war die Flexibilisierung und Deregulierung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes.

Laut Gesetz müssen Leiharbeiter zu denselben Konditionen eingestellt werden wie ihre regulär beschäftigten Kollegen. Doch diese Regelungen können per Tarifvertrag ausgehebelt werden. Wenn die Gewerkschaften mitziehen.

Leiharbeit ist in der Regel kein Weg aus der Arbeitslosigkeit: 82 Prozent der Leiharbeiter waren vor Vertragsabschluss entweder gar nicht oder maximal ein Jahr arbeitslos, so eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft. Gewerkschafter Schild berichtete, wie auch Leiharbeits-Branchenriesen den Übergang in eine reguläre Beschäftigung verhindern würden: Sie fordern »Ablösesummen«, mitunter im fünfstelligen Bereich.

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