Amerika verliert seine Taille

In allen 50 Bundesstaaten der USA ist jeder fünfte Mensch fettleibig - mindestens

  • Reiner Oschmann
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Vereinigten Staaten von Amerika haben dicke Chancen, zu den Verfetteten Staaten von Amerika zu werden. Je mehr die USA wirtschafts- und machtpolitisch zum Land der begrenzten Möglichkeiten schrumpfen - sozialpolitisch werden sie seit jeher oft zu Recht belächelt -, desto problematischer ihre nicht ganz neue Führungsrolle im internationalen Fettleibigkeitswettbewerb: Eine neue US-weite Untersuchung kommt zum Schluss, dass Amerika endgültig seine Taille verliert. Laut Center for Disease Control and Prevention in Atlanta weist kein einziger der 50 Bundesstaaten mehr eine Fettleibigkeitsquote unter 20 Prozent auf. Und während schon der Ist-Zustand alarmierend genug ist, prophezeit eine weitere Studie keine Entlastung für die Zukunft: Bereits 2030, in 18 Jahren, werden »Time« zufolge mehr als 50 Prozent aller US-Bürger klinisch fettleibig sein …

2011 traf dies auf mehr als jeden dritten Erwachsenen zu, und die Zahl der Bundesstaaten mit sehr hohem Prozentsatz an Fettleibigkeit erhöhte sich auf zwölf. Die meisten von ihnen befinden sich im Süden der USA, wo mit Mississippi der dickste Hund begraben liegt: Mit einer Fettleibigkeitsrate von 34,9 Prozent führt der Staat am Golf von Mexiko, der etwas größer als die einstige DDR, einer der ärmsten Bundesstaaten der Union und einer der Teilstaaten mit dem höchsten Anteil an Afroamerikanern ist, das Elefantenrennen an. Doch auch die umliegenden Bundesstaaten Louisiana, Alabama, Arkansas, Oklahoma, Texas und Missouri weisen Fettwerte von mehr als 30 Prozent auf. Selbst im »schlanksten« aller Bundesstaaten, im Rocky-Mountain-Land Colorado, ist mehr als jeder Fünfte (20,7 Prozent) fettleibig.

Eine andere Studie, diesmal von der University of Illinois in Chicago, hat zumindest Berührungspunkte zum Thema Fettleibigkeit. Entgegen dem internationalen Trend zu steigender Lebenserwartung in den entwickelten Ländern der Erde verzeichnen die USA für die Bevölkerungsgruppe der am schlechtesten ausgebildeten, ärmsten Weißen erstmals eine gegenläufige Entwicklung. Die Lebenserwartung dieses Teils ist der Studie zufolge seit 1990 um vier Jahre gefallen. Die »New York Times« berichtet, dass die Ursachen im Einzelnen näherer Untersuchung bedürfen. Mit Bezug auf Forschungsteilnehmer verweist sie jedoch auf »mögliche Erklärungen, darunter Tablettenmissbrauch unter jungen Weißen, höhere Raucherzahlen unter schlecht ausgebildeten weißen Frauen, steigende Fettleibigkeit und eine stetige Zunahme bei den am geringsten qualifizierten Amerikanern, die ohne Krankenversicherung sind«.

Schlecht ausgebildete weiße Amerikanerinnen sind laut Studie von dem Negativtrend besonders betroffen. Für diese Gruppe sank die Lebenserwartung zwischen 1990 und 2008 um fünf Jahre. Dieser Wert sei ähnlich dramatisch, merkt die »New York Times« mit Verweis auf einen führenden britischen Mediziner an, wie »der katastrophale Lebenserwartungssturz um sieben Jahre unter russischen Männern in den Jahren nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion«.

Nach der jüngsten amerikanischen Untersuchung beträgt die Lebenserwartung unter gering qualifizierten weißen Amerikanerinnen derzeit 73,5 Jahre, verglichen mit 83,9 Jahren für weiße US-Bürgerinnen, die einen Collegeabschluss oder mehr besitzen. Bei weißen Männern in den vergleichbaren Kategorien ist die Kluft sogar noch größer: 67,5 zu 80,4 Jahre.

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