Neue Märkte für Versicherungen

Pflegende Frauen erwartet düstere Zukunft

  • Silvia Ottow
  • Lesedauer: 3 Min.
Pflegearbeit ist Frauensache - das bestätigt jede neue Untersuchung. Allensbach hat die bekannte Tatsache mit neuen Zahlen untermauert, die gestern in Berlin vorgestellt wurden.

In zehn Millionen Familien gibt es einer Allensbach-Befragung zufolge pflegebedürftige Menschen, fünf bis zehn Jahre später könnten es schon 27 Millionen sein. Betreut werden die Bedürftigen in zwei Dritteln aller Fälle von Frauen, wie das Institut im Auftrag der privaten R+V Versicherung herausfand.

Pflegende Frauen sind finanziell und persönlich über die Maßen belastet. Sie leisten die Betreuungstätigkeit anders als Männer überwiegend allein, selbst dann noch, wenn sie berufstätig sind - meistens übrigens in Teilzeit und unter Verzicht auf Einkommen und Rentenanteile. Nach Auskunft von Allensbach-Geschäftsführerin Renate Köcher finden sie es zunehmend schwierig, Beruf und Pflege unter einen Hut zu bringen. Das sei noch komplizierter, als Kinder und Arbeit zu vereinbaren. Noch, so Köcher, seien berufstätige pflegende Frauen in der Minderheit, dies werde sich aber mit der steigenden Erwerbstätigkeit ändern. Je älter die betroffenen Frauen seien, desto stärker sei ihre Belastung, besonders die psychische. Vor allem die Gruppe der über 70-Jährigen, die einen Angehörigen versorgten, benötige Unterstützung, da sie oftmals alles allein machte und an die Grenze ihrer Leistungsfähigkeit geriete.

Die Hälfte der Frauen pflegt bereits über drei Jahre, jede zehnte mehr als zehn Jahre lang. Die typische Pflegefrau ist 61 Jahre alt, verheiratet und Mutter von zwei Kindern. Sie macht das schon zwei Jahre und ist nicht berufstätig. Anders als bei der Untersuchung der Problematik durch eine große gesetzliche Krankenkasse in der vergangenen Woche ermittelte das demografische Institut Allensbach, dass zwei Drittel der Menschen die Beschäftigung mit der Pflegeproblematik für sehr wichtig halten. Die Untersuchung im Auftrag der Barmer GEK aus der vergangenen Woche hatte ergeben, dass sich ein Viertel der über 60-Jährigen noch gar keine Gedanken darüber gemacht hätte. Es ist so eine Sache mit den Zahlen.

Allensbach zufolge hätten die meisten Befragten große Erwartungen an den Staat. 78 Prozent von ihnen fordern, dass er für bessere Bedingungen in dem Bereich sorge, aber 56 Prozent glauben nicht daran, dass ihm das mittel- oder langfristig gelingt. An dieser Stelle kommen die privaten Versicherer ins Spiel, denen durch jüngste Gesetzesänderungen aus dem Bundesgesundheitsministerium der Auftrag zuging, private Pflegezusatzversicherungen anzubieten, die pro Monat mit fünf Euro vom Staat bezuschusst werden. Nur zwei Prozent der Bundesbürger, so Tillmann Lukosch, Vorstand der privaten R+V Krankenversicherung, hätten bisher eine private Pflegezusatzversicherung abgeschlossen, obgleich die gesetzliche Pflegeversicherung nur einen Teil der Pflegekosten abdeckte. Hier sei dringend mehr Aufklärung nötig, so Lukosch.

R+V zufolge sei die bezuschusste private Pflegeversicherung, wie sie ab Januar 2013 möglich sei, der richtige Weg. Sie müsse nur hoch genug sein. Frauen ab 40 müssten 41,50 Euro im Monat zahlen, um später 1500 Euro zu erhalten, mit denen sie die Deckungslücke zwischen der Summe aus der gesetzlichen Pflegeversicherung zu der Summe, die ihnen insgesamt für Pflege in Stufe III abverlangt werde, schließen könnten. Momentan landeten 38 Prozent aller zu Pflegenden in der Pflegestufe III in der Sozialhilfe.

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