Mac is weg

  • Ernst Röhl
  • Lesedauer: 3 Min.

Das Wahljahr hat ganz unterhaltsam angefangen. An Shell-Tankstellen dürfen wir zwar immer noch Autoreifen aufpumpen, aber: nicht mehr kostenlos. Shell nimmt für »Korrekturen des Luftdrucks« neuerdings einen (in Ziffern: 1) Euro. Die Atemluft für den Chauffeur bleibt gratis. Vorerst. Ein Euro, finde ich, ist ein anständiger Preis, jedenfalls im Vergleich zu explodierenden Friedhofsgebühren, steigenden Vortragshonoraren für Volksvertreter, steigenden Mieten, Strompreisen und Preiserhöhungen bei der Deutschen Bahn. In Grubes Fahrgeschäft ist das »Ticket« inzwischen ein Wertgegenstand, gut wie Gold und doppelt so teuer.

All diese Sauereien verdanken wir den Schwarz-Gelben und dem, was sie unter Politik verstehen. Neulich war mal wieder ein Wahlsieg zum Greifen nah, und zwar in Wulffs Revier. Scheinheilig hatte Frau Merkel den Tagesbefehl ausgegeben: »In Niedersachsen Erst- und Zweitstimme der CDU!« Doch natürlich war völlig klar, dass das CDU-Gefolge genau das Gegenteil verstehen werde: »Zweitstimmen gefälligst a konto FDP!« Und tatsächlich schoben 100 000 folgsame Spender der Mövenpick-Partei 100 000 Leihstimmen rüber. Ein lupenreiner Kuhhandel. Und ein Triumph der politischen Glaubwürdigkeit!

Bei der Auszählung der Stimmen stand die FDP mit zehn Prozent gaaanz lang, die Spender-CDU war weg vom Fenster. Für den Kanzlerinnenwahlverein waren einfach zu wenig Zweitstimmen übrig. Selbstlos hatte die mächtigste Frau der Welt das gelbe Komikerteam über die Fünf Prozent gehievt und sich dabei selbst die Beine weggehauen. Übrigens hätte die Panne bei der Auszählung vermieden werden können! Erstens durch Anwendung des Bruchzahlverfahrens nach Hare/Niemeyer oder zweitens des D´Hondtschen Höchstzahlverfahrens, und drittens, behaupten Wahlrechtsrabulistiker, hätten sogar 2000 Leihstimmen mehr für einen schwarz-gelben Sieg gereicht. In diesem Fall hätte die FDP ein Mandat mehr und die SPD eines weniger bekommen.

Zu spät. Jedenfalls für Mac. David McAllister, den Lieblingspaladin der Kanzlerin. Mac hatte den Wahltag mit einem schottischen Triumphschrei begonnen: »Mac is back!« Doch abends nach den »Tagesthemen« suchte er sein Heil in der Flucht, und seine Parteifreunde murmelten düster: »Mac is weg …« Inzwischen ist er wieder da, hat aber keinen Bock, sich an die Spitze der Opposition zu stellen.

Wenn das bis September so weitergeht, kommt der hilfsbereiten Kanzlerin vielleicht noch der komplette Schwarm schwarz-gelber Groupies abhanden, der sich Regierung nennt. Die vorpommersche CDU hat sie im Wahlkreis 15 schon mit 100 Prozent der Stimmen zur Direktkandidatin bestimmt – ein Ossi-Liebesbeweis, wie er einst auch Erich Honecker zuteil wurde. Wie aber geht es weiter? Ihre Freundin Frau Dr. Schavan kann sie, sagen wir, abschreiben. Ob Kristina Schröder, die Autorin der Herdprämie, ihr treu bleiben wird? Und was ist mit Fips Rösler, aus dem auch ein Anzug von Boss keinen Chef macht? Was plant Brüderle Leichtfuß, der sexistische Dampfplauderer? »Politik«, sagt er neckisch, »ist ein Mannschaftsspiel, genau wie Fußball: Philipp ist der Kapitän, und ich bin die Sturmspitze!«

Dieses Gesülze mag die Kanzlerin nicht mehr hören. Sie ist sauer auf die Flitzpiepen von der Partei der Nichtsbesseresverdienenden. »Die FDP«, zürnt sie, »muss auf Leihstimmen künftig verzichten!« Das klingt grausam… Doch ist es auch wahr?

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