Werbung

Korruption in Zypern

»Die Last liegt auf den Aufsichtsgremien«

  • Lesedauer: 3 Min.

nd: Besteht russisches Kapital in Zypern nur aus Schwarzgeld, wie es in letzter Zeit gern verkürzt dargestellt wird?
Skandalis: Das ist ein Mythos! Tausende russische Firmen sind in der Republik Zypern registriert, aber niemand kann doch ernsthaft behaupten, dass alle diese Geschäfte auf Schwarzgeld basieren. Es kommen ja auch nicht nur Millionäre, sondern kleine Unternehmer, deren Kapital gerade so für den Start reicht. Das Gros der russischen Gesellschaften existiert nicht nur auf dem Papier, sondern unterhält ein Büro, hat Angestellte und der laufende Betrieb findet in Zypern statt. Darüber hinaus sei erwähnt, dass jede Menge russische Gesellschaften mit Sitz in Zypern auch an Börsen europäischer Staaten notiert sind.

Warum kommen die Firmen in Scharen nach Zypern, wenn nicht aus Geldwäsche- oder Steuergründen?
Natürlich kommen sie auch wegen der Steuer. Die Körperschaftsteuer ist mit 10 Prozent eine der niedrigsten in der EU. Aber ein Steuerparadies sind wir deshalb noch lange nicht. Zypern ist konform mit den EU-Steuerdirektiven und erfüllt alle OECD-Standards für Transparenz und Informationsaustausch. Das russische Finanzministerium hat uns von der schwarzen Liste der nicht kooperativen Länder gestrichen. Zypern bietet aber einen großen Vorteil: Eine Firma kann man ohne großen Aufwand gründen. Das ist heute eine Sache von Tagen.

Dennoch gibt es Geldwäsche in Zypern. Wie viele Fälle wurden in den letzten Jahren aufgedeckt?
Laut offiziellen Zahlen wurden in den letzten sechs Jahren mehr als 1000 Fälle in Bezug auf Finanzkriminalität untersucht. Es ging dabei um Summen von mehr als 20 Millionen Euro. Finanzkriminalität wird mit Geldstrafen bis zu 50 000 Euro oder Gefängnis bis zu 15 Jahren geahndet. Rund 20 Prozent aller Ermittlungen führen zur Anklage und in mehr als der Hälfte der Fälle erfolgt eine Verurteilung. Eine ziemlich gute Quote.

Welche Branchen geraten mit Geldwäsche in Kontakt?
Ich würde die Frage anders formulieren: Wer ist verantwortlich dafür, Fälle von Geldwäsche zu erkennen und zu melden? Die eigentliche Last liegt auf den Schultern der Aufsichtsgremien: Banken, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Rechtsanwälte, Beratungsfirmen oder Treuhanddienstleister. Letztendlich steht und fällt alles mit der Arbeit dieser Leute. Melden sie tatsächlich alle Verdachtsmomente oder Beweise?

Werden diese Institutionen auch belangt, wenn sie einen Fehler machen oder schweigen?
Sagen wir, ich bin Anwalt und jemand kontaktiert mein Büro mit einem Anliegen, das mir verdächtig vorkommt, dann muss ich das melden. Dazu brauche ich nicht mal Beweise. Es gibt eine Checkliste von Maßnahmen für diese Berufsgruppen, an die sie sich halten müssen. Unterlässt es jemand, relevante Informationen weiterzugeben, stehen allein darauf schon bis zu fünf Jahre Haft und/oder bis zu 5000 Euro Strafe. Wenn ich aber einen Verdacht habe und dennoch für den Klienten eine Firma gründe, dann bin ich ja schon an der Geldwäsche beteiligt. Damit kommt keiner durch.

Wie kann Transparency Cyprus helfen, solche Delikte aufzudecken oder zu verhindern?
Unsere Pflicht ist es, für Transparenz zu sorgen. Wir schlagen u.a. vor, jährlich einen detaillierten Bericht an die EU-Kommission zu senden, der Anzahl und Art der Geldwäschefälle auflistet. Weiterhin sollten unabhängige Gutachter, die von der EU ernannt werden, in regelmäßigen Abständen nach Zypern kommen, um die Arbeit der zuständigen Stellen zu bewerten. Dringend notwendig sind auch vertiefende Schulungen für die Mitarbeiter in Banken, Kanzleien und Steuerberatungsbüros. Sie müssen genau wissen, wonach sie suchen und wie sie reagieren sollen, wenn sie Geldwäsche bemerken.

#ndbleibt – Aktiv werden und Aktionspaket bestellen
Egal ob Kneipen, Cafés, Festivals oder andere Versammlungsorte – wir wollen sichtbarer werden und alle erreichen, denen unabhängiger Journalismus mit Haltung wichtig ist. Wir haben ein Aktionspaket mit Stickern, Flyern, Plakaten und Buttons zusammengestellt, mit dem du losziehen kannst um selbst für deine Zeitung aktiv zu werden und sie zu unterstützen.
Zum Aktionspaket

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal