Das Herbe und die Sanftheit

Walfriede Schmitt 70

  • Hans-Dieter Schütt
  • Lesedauer: 2 Min.
Das Herbe und die Sanftheit

Auch das Plebejische will sich durch Schönheit bereichert sehen. Auch das Herbe trachtet nach weichen Zügen. Auch das Kräftige pflegt den Reiz des Sanften. So fanden das Plebejische, das Herbe, das Kräftige zu Walfriede Schmitt.

Sie hat in Parchim, Halle, Meiningen gespielt, sie kennt die äußeren und inneren Landschaften der Provinz (in denen das wahre Leben seine Ursprünge hat), in den siebziger Jahren dann kam sie an die Berliner Volksbühne - von allen Theatern der Metropole wohl stets die erdigste, zirkustollste, rüdeste Form der Selbstbehauptung. Jedenfalls bei Besson, bei Marquardt, bei Gosch, bei Karge und Langhoff, bei Heiner Müller - und dann, ärabildend, bei Castorf. Die Schmitt immer prägend mittendrin.

Sie war Spielerin für teutonische Bockskomödien, sie übersprang, mit Freude durch Kraft, jeden Schutzwall der falschen Erhabenheit, sie konnte säuseln und röhren, ist eine Komödienschwerathletin und eine seelenfederleichte Liebnatur.

Bei Heiner Carow hat sie gefilmt, bei Frank Beyer, bei Lothar Warneke, bei Rolf Losansky. Im Fernsehstreifen »Das Schilfrohr« nach Anna Seghers bestach sie, einen Deserteur versteckend, mit aufgezwungen eiserner Verschwiegenheit, und in Christa Mühls Film »Tod und Auferstehung des Wilhelm Hausmann«, einem Arbeitslosendrama, kroch sie in des toten Mannes Kleider und Maske, um weiter Geld gegen die Armut zu verdienen. Die Hosenrolle als Seelenporträt der traurigsten, komischsten Art.

Walfriede Schmitt war im Herbst 1989 eine Aktivistin des Umbruchs, gehörte zu den Begründern eines unabhängigen Frauenverbandes. Heute wird sie, 1943 in Berlin geboren, 70 Jahre alt.

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