Vattenfall zuverlässig genug

Dem Konzern können nicht die Lizenzen für die AKW Brunsbüttel und Krümmel entzogen werden

  • Dieter Hanisch, Kiel
  • Lesedauer: 3 Min.
Trotz vieler Pannen in seinen Akw in Schleswig-Holstein kann Vattenfall seine Lizenzen für Brunsbüttel und Krümmel behalten.

Beim Energieriesen Vattenfall reibt man sich die Hände: Kleinlaut räumte der für die Atomaufsicht in Schleswig-Holstein zuständige Umweltminister Robert Habeck (Grüne) als erklärter Gegner des Energieunternehmens ein, dass seine Fachbehörde in Kiel zu dem Schluss gekommen sei, dass Vattenfall die Betreiberlizenz für die vom Netz genommenen Atommeiler in Brunsbüttel und Krümmel nicht wegen fehlender Zuverlässigkeit aberkannt werden könne.

Eine entsprechende Prüfung hat sich fast sechs Jahre hingezogen. Als Habeck für die Grünen noch als Fraktionsvorsitzender auf der Oppositionsbank saß, gehörte er zu denjenigen, die dem Energiekonzern nach einer Kette von Pannen und einer »unterirdischen« Öffentlichkeitsarbeit kein Vertrauen schenkten und an der Kompetenz wie Verlässlichkeit zweifelten, ein Atomkraftwerk zu betreiben.

Da die beiden Atommeiler inzwischen still stehen, sind dem Vernehmen nach auch die Kriterien für einen zuverlässigen Betrieb. gesunken. Vattenfall soll beide AKW zurückzubauen. Eine Aufgabe, die ebenfalls mit dem hochsensiblen Umgang mit Atommüll und Brennstäben verbunden ist. Für Jochen Stay von der Anti-Atom-Initiative »ausgestrahlt« hat die Erkenntnis aus der Kieler Atomüberwachungsbehörde jedenfalls das Vertrauen in Vattenfall in keiner Weise gesteigert. Wenn Vattenfall formaljuristisch keinerlei Hürden reiße, sei die Zuverlässigkeitserkenntnis eher ein Indiz dafür, dass das atomrechtliche Regelwerk in fachlicher Hinsicht Wünsche offen lasse, so Stay.

Mit dem Persilschein in der Tasche lässt sich Vattenfall womöglich noch mehr Zeit, für den Meiler Krümmel einen Stilllegungsantrag bei der zuständigen Kieler Reaktorsicherheitsbehörde einzureichen. Dem Energiebetreiber wird vorgehalten, er spiele bei einzuleitenden Abwicklung bewusst auf Zeit. Für die Anlage in Brunsbüttel hatte der Konzern am 1. November 2012 einen offiziellen Rückbauantrag gestellt. Der Abbau bis zur grünen Wiese soll demnach in zehn bis 15 Jahren vollzogen sein.

Vornehmlich in Brunsbüttel ist Vattenfall aber auch noch mit dem bislang ungelösten Problem durchgerosteter Atommüllfässer beschäftigt, die erstmals Mitte Dezember 2011 während eines ferngesteuerten Umfüllvorgangs in einen Spezialcontainer entdeckt wurden. In sechs mit einem Betonmantel umgebenen Kavernen in acht Metern Tiefe befinden sich noch 670 Fässer mit schwach- bis mittelradioaktivem Abfall, die dort zum Teil seit mehreren Jahrzehnten lagern. Mit einem inzwischen entwickelten Kamerasystem will sich Vattenfall nun einen Überblick über den Zustand der Fässer in dem Feststofflager unterhalb des Reaktorgebäudes verschaffen. Aufgrund der intensiven Strahlung ist ein Zugang für Menschen ausgeschlossen. Wie man der Gefahr fortschreitender Korrosion zu Leibe rücken will, ist völlig ungeklärt.

Auch »unter Tage« von Krümmel lagern seit der damaligen Reaktorinbetriebnahme 1984 Atommüllfässer. Inzwischen hat sich deren Zahl auf rund 1150 summiert. In den Behältnissen, die zum Teil mit den Brunsbüttel-Fässern identisch sind, befinden sich unter anderem belastete Filterharze und Filterverdampferkonzentrate.

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