Nicht nur Segelboote

Arbeiten von Lyonel und T. Lux Feininger in der Galerie Moeller

  • Anita Wünschmann
  • Lesedauer: 3 Min.

Seit vier Jahren ist die Galerie Moeller am Tempelhofer Ufer in Kreuzberg tätig. Die Kunstdependance der New Yorker Moeller Fine Art ist in ein Bürgerhaus der Belle Époque, ins Palais Eger, eingezogen und erfreut sich der unmittelbaren Nachbarschaft zum HAU, dem Theater am Ufer. In den Räumen fühlt man sich nach Wien versetzt: opulenter Stuck und Intarsienparkett, Deckengemälde oder Kassettendecken, schwere Vorhänge und - nun doch ganz Berlin - ein Modergeruch, der vom Keller durchs Treppenhaus zieht.

Mit der aktuellen Ausstellung »Vater und Sohn, Lyonel und T. Lux Feininger«, wird nach etlichen Ausstellungen (u.a. Halle 1998, Kiel 2010, Berlin, Kupferstich-Kabinett 2011) hierzulande ein weiterer Akzent der Begegnung mit »den Feiningers« herausgestellt.

Gezeigt werden Holzschnitte, Aquarelle, Zeichnungen von Lyonel Feininger (1871-1956) aus dem Nachlass seiner Frau und 15 Gemälde von seinem jüngsten Sohn Theodore Lux, der am 7. Juli 2011 im Alter von 101 Jahren in seinem Haus in Cambridge verstarb. Die spitzen Linien und kristallinen Formen des von Walter Gropius nach Weimar berufenen ersten Bauhausmeisters, seine Boote, Kirchtürme, die Strandbilder gehören zum Bildgedächtnis über das 20. Jahrhundert hinaus. Eine Überraschung sind handbemalte illustre Figuren und Häuschen mit spitzen und schiefen Dächern, kubistische Bäume - eine ganze Kleinstadtlandschaft, wie man sie Kindern zum Spielen gibt. Sie hat Vater Feininger einst für seine Söhne (neben Theodore Lux, Maler und Dozent, gab es ja noch Andreas Feininger, den Fotografen, und Laurence, den Musikwissenschaftler und Komponisten) selbst geschnitzt und bemalt. Darüber hinaus ist es ein Grundmotiv der Moderne, dem Spielzeug die gebührende Aufmerksamkeit zu verleihen. Noch frappierender, weil dann doch etwas kunstfremd, wirken die technisch detailgetreuen Farbzeichnungen von Lokomotiven und Waggons inklusive der aus Holz gefertigten, grün bemalten Prototypen, die Lyonel Feininger für eine nie realisierte Spielzeugserie geschaffen hatte.

Künstlervater und -sohn in Harmonie. Es ist nicht allein die Liebe zu den Segelbooten, die beide verbindet. Das Bauhaus bildete jenen Kunstkosmos, der die Familie im Mittätigsein inspirierte. Der Vater gehörte zur Weimarer Gründergeneration und T. Lux Feininger begann 1926 mit seinem Studium in Dessau und spielte darüber hinaus in der Bauhauskapelle. Es ist nur folgerichtig, dass die jeweilige bildnerische Selbstbehauptung aller Mitglieder einer sich einander immerhin wohlgesonnenen Künstlerdynastie auch mit kleinen symbolischen Gesten dokumentiert wurde: T. Lux Feininger signierte sein Frühwerk allein mit Theodore Lux. Er lernte bei Albers, Schwitters und Kandinsky und emigrierte 1936 in die USA. Sein Vater folgte ein Jahr später. Theodore Lux hatte hier in der Galerie von Julien Levy seine erste Personalausstellung - prachtvolle Segelboote in dramatischer Schräglage, umspielt von surrealem Licht. Die erstmalig in Berlin gezeigte Malerei von T. Lux Feininger leugnet nicht den Stallgeruch. Allerdings sind seine - wenn auch kubistisch zerlegten - Formen weicher moduliert. Die Tableaus in ihren Kalt-Warm-Kontrasten wirken wie collagiert. Da ein Schriftfetzen »Auf der Suche ...«, dort ein Pferd, eine elegante Dame »Autum Street/ Herbststraße 1987« - der Maler T. Lux Feininger lässt Gedächtnis- und Wahrnehmungsfetzen aus dem Malgrund aufleuchten.

Eindrucksvoll sind die mal expressiven, mal poetisch still anmutenden Holzschnitte des Bauhausmeisters. Ganze Genealogien werden vorgezeigt und dabei Kontrapunkte visualisiert. Die erlesenen Blätter aus der persönlichen Sammlung des Künstlers belegen einmal mehr, mit welcher Intensität und Schaffenslust Lyonel Feininger beispielsweise um die vertrauten Thüringer Dorfmotive und deren Formgebung gerungen hatte.

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