Versetzte Lehrer dürfen zurück

Gericht entschied zugunsten der Beamten - aber die Angestellten haben Pech

  • Wilfried Neiße
  • Lesedauer: 3 Min.

Die vielen Vorteile, die ein Beamter genießt, werden unter anderem mit seiner Pflicht begründet, im Fall der Fälle dorthin gehen zu müssen, wo der Dienstherr seine Arbeit benötigt. Dieser Tage hat sich gezeigt, dass dies offenbar längst zu einer bedeutungslosen Phrase verkommen ist.

Gesicherter Arbeitsplatz, gutes Gehalt, soziale Rundumabsicherung, extra Kindergeld, großzügige Vorruhestandsregelungen und eine Altersversorgung, von deren Höhe der Normalsterbliche nicht zu träumen wagt, darüber darf sich der Beamte in Brandenburg freuen. Im Gegenzug muss er nur bereit sein, an einem anderen Ort im Bundesland zu arbeiten, wenn das jeweils zuständige Ministerium das von ihm verlangt.

So glaubte man bislang. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedoch dieser Tage Lehrern Recht gegeben, die sich gegen ihre Versetzung zur Wehr setzten. Rund 100 Lehrer waren vor sieben Jahren aus dem Schulamtsbereich Cottbus in andere Landesteile versetzt worden. Das hatte damit zu tun, dass in Südbrandenburg die Schülerzahlen sanken, im Berliner Umland dagegen stiegen. Schulen im Bereich Cottbus benötigten deswegen weniger Lehrer, andere Schulen brauchten dagegen mehr Pädagogen.

Aus dem Urteilsspruch ergibt sich nun: Bestimmte Beamte haben das Recht, dort zu arbeiten, wo der Staat sie nicht benötigt. Die Begründung der Richter: Das Auswahlverfahren für die Versetzungskandidaten sei »rechtswidrig« gewesen, weil bestimmte Gruppen von dem Verfahren ausgenommen waren. Wenn Lehrer seinerzeit eine Teilzeitbeschäftigung akzeptierten, wurde dieses Entgegenkommen damit belohnt, dass sie nicht versetzt wurden. Auch Schwerbehinderte durften generell bleiben. Aus Sicht der Richter war das ein rechtswidriger Vorgang. Nun genießen alle Beamten, die gegen die Versetzung geklagt hatten, ein Rückkehrrecht. Wie absurd dies ist, zeigt der Umgang mit angestellten Lehrern. Denn seinerzeit wurden auch Pädagogen versetzt, die keine Beamten, sondern Angestellte sind. Für sie hat das Landesarbeitsgericht festgestellt, dass die Auswahl nicht zu beanstanden sei und ihrer Versetzung also korrekt gelaufen ist.

Das Bildungsministerium geht jetzt von 26 möglichen Rückkehrern aus. Der Personalrat und die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) fordern dagegen, dass alle rund 100 betroffenen Lehrer dorthin zurückgehen dürfen, wo sie einstmals beschäftigt waren. Denn nach Darstellung des GEW-Landesvorsitzenden Günther Fuchs besteht ein »Anspruch auf Rückversetzung«.

Bei den übrigen 70 Personen handelt es sich den Worten von Personalratschef Frank Kramer zufolge um Menschen, »die keine Kraft mehr hatten, über so viele Jahre den Rechtsstreit zu führen«. Im übrigen hat aus Sicht von Personalrat und GEW die Rückversetzung sofort zu erfolgen und nicht erst zum Ende des Schuljahres. Die jetzigen Stellen der Lehrer sollen besetzt werden mit jungen Lehrern, die neu eingestellt werden müssen, fordert die GEW.

Was die 100 Lehrer an ihren alten Wirkungsstätten tun sollen, wo nach offizieller Rechnung gar keine Arbeit für sie da ist, bleibt offen. Es ist auch offen, ob die versetzten Lehrer Schadenersatz verlangen und wie viel Geld das Land ihnen dann zahlen müsste.

Im Gegensatz zu Berlin und Sachsen verbeamtet Brandenburg seine Lehrer weiterhin. Dadurch sollen Hochschulabsolventen geködert werden, den Lehrerberuf lieber in Brandenburg als anderswo auszuüben. Als das Land vor sieben Jahren zunächst 78 Lehrer versetzte, meldeten sich 20 von ihnen zu Beginn des neuen Schuljahres krank, was den damaligen SPD-Bildungsminister Holger Rupprecht ärgerte. Er sagte: »Eine hohe Mobilität ist der Preis für gesicherte Arbeitsverhältnisse der Lehrkräfte.«

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