Wie wird das Netz neutral?

Johannes Scheller über den Erfolg seiner Petition zur Netzneutralität

  • Lesedauer: 3 Min.

nd: Ihre Bundestagspetition für die gesetzliche Festschreibung der Netzneutralität ist vor drei Tagen gestartet und erreichte gestern bereits mehr als 50 000 Unterstützer. Woher kommt das große Interesse der Leute am Thema?
Scheller: Mit Sicherheit hat es mit den Plänen der Deutschen Telekom zu tun, die im Zug ihrer Drosselpläne die Netzneutralität abschaffen will. Durch die Debatte haben viele Menschen überhaupt erst unmittelbar erfahren, worum es sich bei dem Begriff Netzneutralität handelt. Eigentlich müssten wir der Telekom dafür dankbar sein.

In den Niederlanden ist die Netzneutralität gesetzlich vorgeschrieben, in den USA sind dagegen mehrere Initiativen dazu gescheitert. Weshalb tun wir uns in Deutschland mit einer gesetzlichen Regelung so schwer?
Viele Unternehmen der Telekommunikationsbranche behindern mit ihrer derzeitigen Lobbyarbeit ein solches Gesetz. In Teilen der Politik herrscht gleichzeitig noch oft der wirtschaftsliberale Standpunkt, der Markt könnte das Problem von allein regeln und die Leute müssten einfach nur ihren Anbieter wechseln.

Grüne, LINKE, SPD und sogar Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) haben sich für die Netzneutralität ausgesprochen. Eine politische Mehrheit scheint es damit zu geben. Warum also noch diese Petition?
Gerade weil diese Mehrheit scheinbar da ist, müssen wir jetzt den Druck auf die Politik erhöhen. Die vielen Unterzeichner zeigen doch, dass die Menschen daran glauben, bei diesem Thema tatsächlich etwas verändern zu können. Es herrscht eine große politische Einigkeit, nur führte diese bisher nicht zu einem entsprechenden Gesetz. Gerade haben ich beispielsweise über Twitter erfahren, dass der Arbeitskreis Netzpolitik der CSU die Petition auch unterstützen will. Manchmal frage ich mich deshalb, wen ich überhaupt noch überzeugen muss, wenn doch alle erklären, für ein Gesetz zur Netzneutralität zu sein.

Auslöser für die öffentliche Debatte waren die Drosselpläne der Telekom. Bundeskartellamt und Bundesnetzagentur meldeten bereits Klärungsbedarf an. Reicht das nicht aus?
Meiner Meinung nach nicht. Wir haben kein klares Gesetz zur Netzneutralität. Manche Politiker behaupten, es gäbe bereits eine Verordnung, welche die Netzneutralität indirekt sicherstellen würde. Eine eindeutige gesetzliche Regelung würde allerdings mehr Klarheit schaffen.

Die Telekom argumentiert bei ihren Plänen auch mit den hohen Kosten für den Netzausbau. Wer soll diesen bezahlen?
Die Telekom baut das Netz mit den ihr zur Verfügung stehenden Mitteln zu wenig aus. Im Prinzip habe ich nichts gegen Preiserhöhungen. Das Problem liegt darin, dass die Drosselpläne nicht für alle Anbieter gelten sollen. Interessant ist, dass der Wirtschaftsminister gerade im Silicon Valley unterwegs ist, um für den Internetstandort Deutschland zu werben. Dabei gibt es viele, die uns als Internetentwicklungsland bezeichnen. Der Staat müsste von sich aus ein Interesse haben, den Netzausbau stärker zu fördern, da es dabei um den Wirtschaftsstandort geht.

Fragen: Robert D. Meyer

Petition: im Intrenet

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