Zu teures Nass

Hamburgs LINKE fordert ein Ende der Wassersperren durch städtisches Unternehmen

  • Folke Havekost, Hamburg
  • Lesedauer: 2 Min.
Den Zugang zum Wasser haben die Vereinten Nationen zum Menschenrecht erklärt. Was für ein Problem allein in wasserarmen Regionen gehalten werden könnte, ist zuweilen auch hierzulande eines. Wenn beispielsweise die Hamburger Wasserwerke den Hahn abdrehen.

In knapp 6000 Fällen wurde Menschen in Hamburg seit 2007 das Wasser abgestellt. Die LINKE-Fraktion bringt heute einen Antrag in die Bürgerschaft ein, der »Wasser und sanitäre Grundversorgung für alle sicherstellen« soll. Zur Bekräftigung ihrer Forderung fand gestern ein Bad vor der Menge statt - am Kundencenter der Hamburger Wasserwerke (HWW) .

Die frühlingshaften Temperaturen vorm Kundencenter an der Alster machten dem Badenden, genannt »Max B.«, die Aufgabe leichter. Eingeschäumt wurde er, mit einem Kübel Wasser begossen und mancher Beobachter mochte sich an eine Perry-Rhodan-Folge erinnert haben: »Ich schwimme in einem ganzen Fass, denn heute ist das Wasser nass!« Doch das heitere Planschen hatte einen ernsthaften Hintergrund: 5231 Kunden der vollständig städtischen Wasserwerke wurden zwischen 2007 und 2011 von der Trinkwasserversorgung ausgesperrt, für 2012 variieren die Angaben zwischen 730 und 758 Betroffenen. »Steigende Mieten, erhöhte Strompreise und die explodierenden Heizkosten führen zu immer mehr Wasser-, Strom- und Gas-Absperrungen, zu Zwangsumzügen und sogar zu Obdachlosigkeit«, schilderte die LINKE-Bürgerschaftsabgeordnete Cansu Özdemir und forderte das Grundrecht auf Wasser für alle.

Grundlage von Wassersperren ist ein Verfassungsgerichtsurteil von 1981, das der Sozialverwaltung die Unterstützung von Zahlungsrückständigen zuweist und den Wasserversorger von Verantwortung freispricht. »Wir reden oft von Rekommunalisierung, aber wir brauchen auch eine soziale Ausrichtung städtischer Unternehmen«, sagte LINKEN-Landessprecher Bela Rogalla. Hier sei nach Ansicht der LINKE-Fraktion der Senat gefordert, den Wasserwerken »ergänzende Versorgungsbedingungen« aufzuerlegen, die Wassersperren ausschlössen.

»Während Menschen das Wasser abgedreht wird, machen die HWW riesige Gewinne«, kritisierte Özdemir. Seit 2007 kassierte die Hansestadt 192,5 Millionen Euro aus den Überschüssen von Hamburg Wasser, dessen Teil die HWW sind. In ihrem Antrag fordern die acht LINKE-Abgeordneten vom Senat, besonders schutzbedürftige Gruppen wie Familien mit Kindern oder chronisch Kranke generell von Wassersperrungen auszuschließen, ein Wassergrundkontingent für Privathaushalte zu prüfen sowie »Maßnahmen zur Unterstützung von Menschen, die ihre Wasserrechnung nicht (mehr) bezahlen können«, zu ergreifen.

»Die Sperrung der Wasserzufuhr für Privathaushalte infolge von Zahlungsrückständen verstößt nicht nur gegen einen allgemeinen Anspruch auf humane Lebensbedingungen, sondern verletzt auch das Grundrecht auf Wasser«, heißt es im Antrag unter Bezugnahme auf die Vereinten Nationen, die den Zugang zu Wasser 2010 zum Menschenrecht erklärt haben. »Da können wir auch Bürgermeister Olaf Scholz und den SPD-Senat hinbekommen«, zeigte sich der Hamburger Bundestagsabgeordnete Jan van Aken optimistisch. »Denn das muss Scholz erstmal erklären: dass Menschen in dieser Stadt ohne Wasser, ohne Waschmöglichkeiten und ohne Toilette dastehen.«

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