BLOGwoche: Inszenierung und Wahrheit

  • Lesedauer: 3 Min.

Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) weilte unlängst in Kalifornien. Offiziell begleiteten den Minister Vertreter von sogenannten Startup-Unternehmen, also von Firmen aus der IT-Branche. Die Plätze waren begehrt, auf einen freien Platz kamen nach Auskunft des Bundesverbandes Deutscher Startups (BVDS) mehr als fünf Bewerber. Zur Delegation von Rösler gehörte aber auch Dietrich von Klaeden von der Springer AG, dort zuständig für die Kontaktpflege zur Politik. Stefan Niggemeier findet dies in seinem Weblog www.stefan-niggemeier.de »erstaunlich«, denn »die Ausschreibung hatte im Detail formuliert, was unter einem ›Startup‹ zu verstehen sei - die Axel Springer AG fällt trotz allen Geredes von der angeblich gerade dort herrschenden Gründerzeitstimmung eher nicht darunter.«

Von Röslers Ministerium wollte Niggemeier wissen, wie Dietrich von Klaeden dennoch auf die Liste kam und erhielt eine bemerkenswerte Antwort: »›Der Minister wurde auf seiner Reise von einer Delegation aus deutschen Unternehmen, Pressevertretern, Vertretern des BMWi sowie Abgeordneten, unter anderem auch von Herrn Dietrich von Klaeden, begleitet.‹ Das ist sicher nur unglücklich formuliert, denn Dietrich von Klaeden ist - anders als sein Bruder Eckart, der Staatsminister im Bundeskanzleramt - kein Abgeordneter. (Außer von Springer, natürlich.) Die Unschärfe ist an dieser Stelle besonders betrüblich, weil meine Frage an das Ministerium ausdrücklich gelautet hatte: ›In welcher Funktion war Dietrich von Klaeden von der Axel Springer AG [in der Delegation] mit dabei?‹«

Dietrich von Klaeden twitterte übrigens ein Foto, auf dem er neben Rösler vor dem Hintergrund der Golden Gate Bridge mit dem Hinweis zu sehen ist, Rösler sei dort »heute morgen schon Laufen« gewesen. Das aber ist ein Fake, denn der angebliche Lauftermin war nur für die Fotografen gestellt.

Ein Fake war möglicherweise auch eine mit dem Pulitzerpreis prämierte Aufnahme aus dem syrischen Bürgerkrieg. Auf dem Foto ist ein Kämpfer der Opposition mit einem Maschinengewehr im Anschlag zu sehen. Abgebildet war es u.a. in der Mai-Ausgabe der Fachzeitschrift »Journalist«. Bei der Redaktion gingen laut Matthias Daniel, Chefredakteur des Magazins, daraufhin E-Mails von Fotografen und Waffenexperten ein. Der Vorwurf: Das Foto ist gestellt. In seinem Blog schildert Daniel auf www.journalist den Tenor der Zuschriften so: »Am 2. Mai erreicht uns eine E-Mail von Andreas Gericke. ›Ich glaube, dass das Foto gestellt ist und bezweifle die Echtheit der Situation.‹ Jeder, der an einer Waffe ausgebildet ist, wisse, dass man so nicht ziele. (...) Gericke schreibt: ›Hier hat jemand ein feines, optisch wirkungsvolles Foto erstellt, aber eine reale Gefechtssituation ist das nicht. Es sei denn, der Mann ist lebensmüde.‹«

Zusammengestellt von: Jürgen Amendt

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