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60 Milliarden für marode Banken

Eurogruppe einigt sich auf Eckpunkte bei Abwicklung von Geldhäusern

  • Simon Poelchau
  • Lesedauer: 3 Min.
Künftig sollen Kreditinstitute in Schieflage direkt Geld vom Eurorettungsfonds ESM erhalten können. Im Notfall zahlen die Steuerzahler dadurch direkt die Zeche.

Europas Steuerzahler werden auch in Zukunft notfalls für die Rettung maroder Banken zahlen müssen. Darauf einigten sich am Donnerstagabend die Finanzminister der 17 Eurostaaten. So sollen im Rahmen des Aufbaus der europaweiten Bankenunion 60 Milliarden Euro aus dem Rettungsfonds ESM für die Stützung angeschlagener Geldhäuser bereit gestellt werden. Insgesamt hat der Europäische Stabilitätsmechanismus 500 Milliarden Euro zur Verfügung, aus denen bisher nur unter der Bedingung harter Sparauflagen klamme Krisenstaaten gestützt wurden.

Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) betonte nach der Einigung, dass man »einen wichtigen Schritt auf dem Weg zur Bankenunion zustande gebracht« habe. Für Eurogruppen-Chef Jeron Dijesselbloem trägt das Instrument dazu bei, die Eurozone zu stabilisieren. Durch die direkten Hilfen könne verhindert werden, dass die Finanzprobleme von Banken auch Staaten in Schwierigkeit bringen. So ist die Eurokrise eine Folge der Finanz- und Bankenkrise, die im Jahr 2008 ausgebrochen ist. Seitdem mussten sich Euroländer hoch verschulden, um marode Geldhäuser zu retten. Nach Berechnungen des globalisierungskritischen Netzwerks Attac flossen alleine aus den Hilfen für das Krisenland Griechenland 58,2 Milliarden Euro in die Rekapitalisierung von Banken.

Ein weiterer, bereits beschlossener Bestandteil der geplanten Bankenunion ist die Schaffung einer europaweiten Bankenaufsicht für systemrelevante Geldhäuser. Die künftige Behörde soll unter dem Dach der Europäischen Zentralbank entstehen. Erst letzten Freitag stimmte der Bundestag dem zu.

Finanzminister Schäuble beteuerte, dass der ESM »nur unter engen Voraussetzungen die letzte Station« für kaputte Kreditinstitute sei. Direkte Hilfen sollen nur erlaubt werden, wenn das Heimatland sonst selbst Probleme bekommt oder ein möglicher Bankrott das Finanzsystem massiv stören kann. Zudem muss der Heimatstaat der Bank einen Teil der Kosten übernehmen.

Ob die 60 Milliarden Euro im Notfall ausreichen, eine weitere Bankenkrise zu verhindern, ist allerdings ungewiss. Zwar betonte ESM-Chef Klaus Regling, dass diese Summe »mehr als genug« sei. Doch Experten bezweifeln dies. »Niemand kann sagen, wie viel Geld wirklich gebraucht wird«, sagte der grüne Europaparlamentarier und Bankenexperte Sven Giegold gegenüber dem »neuen deutschland«.

Ähnliches befürchtet auch die stellvertretende Vorsitzende der LINKEN, Sahra Wagenknecht. Dass Banken künftig Geld aus dem Eurorettungsschirm erhalten sollen, lehnt sie ab. »Die Steuerzahler sollen über direkte Kapitalspritzen des ESM für Zombie-Banken haften - darunter auch Banken, die bereits von der Allgemeinheit gerettet wurden«, so Wagenknecht. Ihre Partei fordere die Schrumpfung und demokratische Kontrolle des Finanzsektors, um Europa wieder eine wirtschaftliche Perspektive zu geben.

Auch Giegold kritisiert an der Entscheidung der Finanzminister zudem, dass in letzter Instanz wieder die Steuerzahler bürgen müssen. »Wir brauchen wie in den USA eine gemeinsame europäische Bankenabwicklungsbehörde und einen Abwicklungsfonds, der von den Banken zu finanzieren ist«, fordert Giegold. Beides werde bisher von der Bundesregierung blockiert.

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