Neue Kontoregeln bringen Firmen ins Schwitzen

Bankenaufsicht BaFin warnt vor schleppender Einführung des europaweiten Zahlungsverkehrs

  • Hermannus Pfeiffer
  • Lesedauer: 3 Min.
Verzweifelte Schatzmeister von Sportvereinen treten wegen SEPA zurück, Kassierer klagen über bürokratischen Aufwand - der Hamburger Sportbund hält die Umstellung aber für »machbar«.

Der »Euro 2.0« kommt. Die bevorstehende Umstellung der Bankkonten auf SEPA erinnert allerdings an die Einführung des Euro: Die Zeit läuft davon, Unternehmen fürchten böse Überraschungen und Vereine klagen über zu viel Bürokratie. Der Grund ist eine bereits 2012 erlassene Verordnung des Europäischen Parlaments, die sogenannte »SEPA-Verordnung«. Durch die Umstellung auf das neue Verfahren werden Bankgeschäfte ab dem 1. Februar 2014 mit einer neuen internationalen Kontonummer (IBAN) abgewickelt, die sich im wesentlichen aus der bisherigen Kontonummer und der Bankleitzahl zusammensetzt.

Sieben Monate vor dem Start warnten das Bundesfinanzministerium, die Bundesbank und die Kreditwirtschaft, es bestehe die Gefahr, dass Gehälter nicht ausgezahlt und Vereinsbeiträge nicht eingezogen werden könnten. Für die Verbraucher gilt zwar eine Übergangsfrist bis 2016, doch viele Kleinunternehmen und Vereine seien noch längst nicht vorbereitet. Die schleppende Umstellung hat auch die Bankenaufsicht BaFin auf den Plan gerufen. In einem am Donnerstag bekanntgewordenen dringenden Schreiben vom 13. Juni warnt sie die Banken, dass im Falle einer verspäteten Umstellung die Liquiditätsversorgung bei den Unternehmen massiv gestört werden könnte. Selbst Firmenpleiten drohten, berichtete »Handelsblatt Online«. Banken müssten bis 22. Juli Auskunft zum Stand der technischen Umsetzung sowie zur Kommunikation mit den Kunden geben. In einigen Kreditinstituten seien nach Eingang des BaFin-Schreibens Urlaubssperren für den Jahresbeginn verhängt worden.

Gut für Konzerne

Unternehmen und auch Verbraucher können zukünftig ihren gesamten Euro-Zahlungsverkehr über ein einziges Konto bei einer beliebigen Bank in ganz Europa abwickeln. Das klingt praktisch. Zahlungskosten sollen gesenkt werden können. Doch profitieren können allerdings davon vor allem große Firmen. Denn nur jedes zehnte Klein- und Mittelständische Unternehmen (KMU) ist im Export tätig. Von den rund 17,8 Milliarden Überweisungen und Lastschriften, die in Deutschland im Jahr 2011 anfielen, waren laut Bundesbank gerade mal 609 Millionen Stück oder 3,4 Prozent grenzüberschreitend. hape

Die Länge der IBAN ist von Land zu Land unterschiedlich und darf maximal 34 Zeichen umfassen. Derzeit variiert in der Praxis die Anzahl zwischen 15 in Norwegen und 31 in Malta. In Deutschland hat die IBAN 22 Stellen.

Bis Februar 2014 soll in Europa ein einheitlicher Zahlungsraum entstehen. Doch die neuen SEPA-Standards bringen Schatzmeister und Kassierer von Vereinen bereits kräftig ins Schwitzen. So berichten Regionalzeitungen wie die »Offenbach-Post« von Kassierern in ihrem Verbreitungsgebiet, »die bereits die Segel gestrichen haben«. Sie wollen sich den ungeheuren bürokratischen Aufwand für den neuen Zahlungsverkehr nicht zumuten. Andere, wie die Schatzmeisterin des TSV Dudenhofen, Gisela Endres, sind »gespannt«, ob im Februar alles funktioniert.

Die Umstellung des bisherigen bargeldlosen Zahlungsverkehrs auf SEPA ist laut »Wirtschaftswoche« nach der Einführung des Euro »das größte finanztechnische Projekt Europas«. Für den Alltag der Vereine bedeutet es jedoch eine große Umstellung: Schatzmeister und Kassierer müssen die Vereinssoftware fit machen; von jedem Mitglied braucht man eine neue Einzugsermächtigung. Dafür benötigt der Verein eine »Gläubiger-Identifikation«. Die muss man sich bei der Bundesbank besorgen, welche dafür eine eigene Abteilung gebildet hat. Die Gläubiger-ID wird dann noch Banken und Mitgliedern mitgeteilt. Zudem ist eine Referenznummer für den Zahlungsverkehr nötig, die Einzugsermächtigung für die Zahlung der Mitgliedsbeiträge muss einen bestimmten Wortlaut haben, und der Verein muss jedem Mitglied den Zeitraum mitteilen, in dem Beiträge abgebucht werden.

Sportlich nimmt es Christian Poon, Referatsleiter Finanzen des Hamburger Sportbundes (HSB): »Wir sind gelassen.« Man habe rechtzeitig mit den Vorbereitungen begonnen. Schon einen Monat, nachdem Bundestag und Bundesrat SEPA gebilligt hatten, nahmen im April Vertreter von 800 Sportvereinen in der Hansestadt an einer Informationsveranstaltung teil. Die Teilnehmer, sagt Poon dem »neuen deutschland«, seien optimistisch nach Hause gegangen: »SEPA bedeutet bürokratischen Aufwand, ist aber machbar.«

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