Hoffen auf das zweite Halbjahr

Deutscher Arbeitsmarkt leicht im Aufwind / Kritik an Statistiktricks

  • Lesedauer: 2 Min.
Der Arbeitsmarkt zeigt sich im Juni leicht verbessert - auf Grund statistischer Tricks und auf Kosten vieler anderer europäischer Länder.

Nürnberg (AFP/nd). Der Arbeitsmarkt in Deutschland kommt nach dem schwachen ersten Halbjahr allmählich wieder in Schwung. Das zweite Halbjahr werde besser, prognostizierte der Chef der Nürnberger Bundesagentur für Arbeit (BA), Frank-Jürgen Weise, am Donnerstag. Die Arbeitslosenzahl verringerte sich gegenüber Mai um 72 000 auf rund 2,87 Millionen Menschen. In den vergangenen Monaten hatte sich die Arbeitslosenzahl schlechter entwickelt als von offizieller Seite erwartet. Die durch die mäßige Konjunktur verursachte Schwächephase führt laut Weise dazu, dass für 2013 die durchschnittliche Arbeitslosenzahl leicht höher liegen wird als prognostiziert - und zwar bei leicht über 2,9 Millionen. Ausgegangen war die BA von etwas über 2,8 Millionen Jobsuchenden.

Weise zeigte sich für die kommenden Monate zuversichtlich und bezeichnete den Arbeitsmarkt als »robust«. So habe sich die Frühjahrsbelebung offenbar in den Juni verschoben. Die Quote sank gegenüber Mai um 0,2 Punkte auf 6,6 Prozent. Im Vergleich zum Juni 2012 waren aber 56 000 Menschen mehr arbeitslos. Saisonbereinigt verringerte sich die Zahl um 12 000. Zum ersten Mal seit fünf Monaten sank die Zahl der Langzeitarbeitslosen mit 1,97 Millionen wieder unter die Zwei-Millionen-Marke. Im Vergleich zum Juni 2012 gab es einen Rückgang um 25 000.

BA-Vorstandsmitglied Heinrich Alt sagte der »Superillu«, er sehe »kurz- und mittelfristig« für rund eine halbe Million Hartz-IV-Bezieher »gute bis sehr gute Chancen am Arbeitsmarkt«. Alt begründete dies u. a. mit dem demografischen Wandel, der zu einem Arbeitskräfterückgang führe.

Nach einer Hochrechnung der BA lag die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im April bei 29,21 Millionen Menschen und damit um 373 000 höher als vor einem Jahr.

Der Bundesgeschäftsführer der Linkspartei, Matthias Höhn, erklärte, die BA-Zahlen spiegelten nicht die reale Situation wider. Statistische Tricks außer Acht gelassen, seien 3,737 Millionen erwerbslos. Die in dieser Woche bekanntgewordenen Bilanzmanipulationen bei der BA bestätigten den Verdacht, dass sich BA und Politik mit der hohen Sockelarbeitslosigkeit und der hohen Zahl Langzeitarbeitsloser abgefunden hätten.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) zeigt sich zudem über die Situation in vielen anderen europäischen Ländern besorgt. »Während der deutsche Arbeitsmarkt gerade im europäischen Vergleich robust dasteht, blicken insbesondere die Jugendlichen in Südeuropa in eine düstere Zukunft«, sagte DGB-Vorstand Claus Matecki. »Statt das Problem an der Wurzel zu packen und sich endlich von der wachstumsbremsenden Austeritätspolitik zu verabschieden und sinnvoll in Infrastruktur zu investieren, lockt man die arbeitslosen Jugendlichen nach Deutschland und entzieht den südeuropäischen Ländern gute Arbeitskräfte in spe.« Dabei gelte es, auch hierzulande noch erhebliches Fachkräftepotenzial zu heben.

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