Einigkeit im Abseits

Mitglieder der Europäischen Linkspartei trafen sich zur 8. Sommeruniversität in Portugal

  • Dominic Heilig, Porto
  • Lesedauer: 3 Min.

Der Tagungsort, das Stadion des portugiesischen Fußballmeisters FC Porto, Estadio do Dragão, lässt den Taxifahrer im Zentrum der Stadt vor Ehrfurcht fast eine grüne Ampel vergessen. José, 30 Jahre alt, erzählt vom Präsidenten des Fußballklubs, Jorge Nuno Pinto da Costa, den alle nur »Vater« nennen. José kennt nur diesen Präsidenten. Damals, 1982, als da Costa den FC übernahm, war er noch nicht einmal geboren. Heute steht er bei fast jedem Heimspiel im »Drachenstadion«.

In eben jenem Stadion fand am vergangenen Wochenende die achte Auflage der EL-Sommeruniversität unter dem Titel »Como mudar a Europa« (Europa verändern) statt. Das ringt José Respekt ab. Von der EL hat er noch nie gehört, von der ausrichtenden Mitgliedspartei, dem Bloco do Esquerda, hält er jedoch viel. Auf dem vom Linksblock organisierten Uni-Stundenplan für die etwa 250 Genossinnen und Genossen standen über 35 Seminare – zu Frauenrechten und religiösem Fundamentalismus, zu Geschichte und Entwicklung der europäischen Linken, zu linker Gewerkschaftsarbeit bis hin zur Situation der bolivarischen Revolution in Südamerika. Besonderes Interesse weckten bei den Studierenden aller Altersklassen auch die drei Seminare zu Porto.

Da ging es um die Geschichte, die Port(o)weinkultur und die Architektur der Stadt. Im Mittelpunkt der Beratungen stand aber die Situation in den Krisenstaaten der Europäischen Union und die Kürzungspolitik der Troika. Elena Papadopoulou vom europäischen Forschungs- und Bildungsnetzwerk »transform!« kommentierte die Lage so: »Die Propaganda der Herrschenden in Europa, das sehen wir vor allem in Griechenland und Portugal, ist in dieser Krise überall dieselbe. Wir als politische Linke müssen deshalb eine Gegenöffentlichkeit schaffen, unsere Alternativen aufzeigen, die Krisenverantwortlichen benennen und die Demokratie in Europa verteidigen.« Wie schwer das nach wie vor für Linksparteien ist, zeigte die während der EL-Sommeruni ausgebrochene Regierungskrise in Portugal. »Die Mehrheit der Menschen im Land fordert Neuwahlen, und was macht Regierungschef Pedro Passos Coelho? Er holt umstrittene Politiker in die Regierung, verspricht neue politische Programme, ohne einen einzigen Inhalt konkret zu benennen«, analysierte Marisa Matias, stellvertretende Vorsitzende der EL.

Ihre Amtsschwester aus Spanien, Maite Mola, konkretisierte: »Sie tun alles, damit die Linke keinen Erfolg haben wird. Wir aber können gewinnen, wenn wir den Menschen konkrete Alternativen aufzeigen.« Auch zwischen den Seminaren diskutierten die Teilnehmer weiter, etwa über den Militärputsch in Ägypten, die tödliche Realität in Syrien oder den Wahlkampf in Deutschland. Letzterer schaffte es auch in die Plenarversammlungen mit dem EL-Vorsitzenden Pierre Laurent (PCF), dem ehemaligen französischen Präsidentschaftskandidaten Jean-Luc Mélenchon (Parti de Gauche) und der Bloco-Vorsitzenden Catarina Martins.

Die Hoffnungen auf eine Abwahl von Kanzlerin Angela Merkel sind unter europäischen Linken groß. Yiannis Bournous vom griechischen Linksbündnis SYRIZA benannte konkrete Unterstützungsmaßnahmen: »Wir senden seit Wochen Genossen zu den Auslandsgriechen nach Deutschland, um sie über die Situation in ihrem Heimatland zu informieren. Doch dabei bleibt es nicht. Viele dieser ›Berichterstatter‹ standen für Veranstaltungen beispielsweise an deutschen Universitäten bereit. Und dort warben wir natürlich für die Wahl der LINKEN.« Trotz aller Unterschiede und manch langatmiger Frontalvorträge in Porto wurde diese in der Linken einmalige Einrichtung einer Sommeruniversität als Ort des Austauschs, der gegenseitigen Information und auch der Kritik von allen Teilnehmern geschätzt. Im kommenden Jahr findet die EL-Sommeruni in Deutschland statt. Dann vielleicht ohne eine Regierung Merkel?

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