Volksbanken trotzen der Krise

DZ Bank mit Milliardengewinn / Ver.di kritisiert beginnende Tarifflucht

  • Hermannus Pfeiffer
  • Lesedauer: 3 Min.
Genossenschaftsbanken können als Erfolgsmodell gelten. Doch gerade die kleineren kämpfen ums Überleben.

Die genossenschaftlichen Volksbanken wollen nicht in einen Topf mit den privaten Banken geworfen werden. Dabei fuhr deren Spitzeninstitut DZ Bank im ersten Halbjahr einen beachtlichen Vorsteuergewinn von 1,34 Milliarden Euro ein, wie am Donnerstag in Frankfurt mitgeteilt wurde. Das war mehr als doppelt so viel wie im Vorjahreszeitraum.

Nach eigener Auffassung haben die Volks- und Raiffeisenbanken (VR) die Finanzkrise bestens überstanden. Das sieht auch der Experte der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, Mark Roach, so: »Ich habe eine ausgesprochen positive Einschätzung der wirtschaftlichen Entwicklung«, sagte er dem »nd«. »Die Genossenschaftsbanken sind absoluter Krisengewinnler und haben seit 2008 beim Ertrag Sparkassen und selbst die Deutsche Bank überholt.« Pro Monat erwirtschaftet jeder Beschäftigte einer Genossenschaftsbank 3897 Euro Gewinn.

Erfolgsgrund ist das bodenständige Geschäftsmodell: Die rund 18 Millionen Kunden sind Genossenschaftsmitglieder und profitieren durch eine Dividende vom wirtschaftlichen Erfolg. Die Spareinlagen kommen aus der Region und werden als Kredite an Bauern, Gewerbetreibende und Häuslebauer verliehen. Investmentfonds und andere komplexere Finanzdienstleistungen wickeln die rund 1100 Genossenschaftsbanken über die DZ Bank sowie in Rheinland und Westfalen über die WGZ ab.

Doch auch unter Genossen finden sich Banker, die auf höhere Renditen aus sind und scheitern: So bescherten riskante Ungarn-Geschäfte Deutschlands zweitgrößter Leasinggesellschaft, der VR Leasing, existenzgefährdende Verluste. Und die landwirtschaftsnahen Genossenschaftsbanken schreckten nicht vor Nahrungsmittelspekulationen zurück. Nach Protesten zogen sich die Volks- und Raiffeisenbanken aber mit als erste aus dem umstrittenen Agrar-Fonds-Geschäft zurück.

Dank der Bilanzsumme der ganzen Gruppe von über einer Billion Euro gilt die DZ Bank als systemrelevant. Was ihr eine unausgesprochene Staatsgarantie, gute Ratingnoten und niedrige Zinssätze auf den Finanzmärkten sichert. Doch gerade die auf lokale Kredite spezialisierten Genossenschaftsbanken an der Basis leiden unter der Niedrigzinsphase, die auf Dauer das Geschäftsmodell zu schwächen droht: Hochverzinsliche Kreditverträge laufen nach und nach aus und werden durch neue niedrigverzinste ersetzt.

Zudem gelten viele Institute als zu klein, um auf Dauer überleben zu können. Zu klein auch, um die neuen Bankenregeln (»Basel III«) umzusetzen, die bis 2018/19 in Kraft treten sollen. WGZ-Chef Hans-Bernd Wolberg wehrt sich gegen die Regulierungen, die alle Banken über einen Kamm scheren - »ohne Rücksicht darauf, ob sie Teil des Problems oder Teil der Lösung waren und sind«.

Angesichts der Niedrigzinsphase befürchtet ver.di-Sekretär Roach künftig vermehrt Fusionen und das Outsourcing von Firmenteilen in tarifschwache Dienstleistungsbranchen. Bei der Tarifflucht hatten sich die Genossen - im Gegensatz zu Sparkassen und Großbanken - bislang zurückgehalten.

Doch im Februar kündigte der Arbeitgeberverband AVR den Manteltarifvertrag und alle anderen Tarifverträge mit ver.di. »Die Volks- und Raiffeisenbanken versuchen, ver.di aus den Betrieben hinauszudrängen und den Beschäftigten ihre Rechte streitig zu machen - mit Tricks und Schummeleien«, kritisiert Roach. Der AVR bestreitet das. Die Gewerkschaft konterte mit einer erfolgreichen Mitgliederkampagne. Zurzeit wird die Auseinandersetzung in den einzelnen Banken vor Ort ausgetragen.

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