USA werden vorerst keine Angriffe gegen Syrien fliegen

Präsident Barack Obama hat angekündigt, zunächst den Kongress fragen zu wollen: Luftschläge seien »morgen, nächste Woche oder in einem Monat effektiv«

  • Oliver Eberhardt
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Vereinigten Staaten werden vorerst keine Luftangriffe gegen Syrien fliegen. Präsident Barack Obama kündigte am Samstagabend (MESZ) an, nun doch zuerst den Kongress fragen zu wollen. Der hat allerdings im Moment Sitzungspause.

Während US-Präsident Barack Obama vor dem Weißen Haus in Washington sprach, war in der Ferne lauter Protest-Lärm: In vielen europäischen und amerikanischen Städten, also auch vor dem Sitz des US-Präsidenten, demonstrierten Menschen gegen den Krieg.

Die Befürchtungen, dass die vorzeitige Abreise der UNO-Inspekteure ein Anzeichen dafür sein könnte, dass ein Angriff kurz bevor steht, hat sich allerdings nicht bewahrheitet; die Luftschläge sind, zumindest aus amerikanischer Sicht, vorerst vom Tisch.

Aber nur vorübergehend: In seiner Ansprache kündigte Obama an, die Pläne zunächst dem Kongress, also der Versammlung aus Senat und Repräsentantenhaus, unterbreiten zu wollen, damit der darüber
diskutiert und abstimmt. Beide Häuser haben allerdings im Moment Sitzungspause und kommen erst am 9. September wieder zusammen. Eine Sondersitzung sei nicht geplant, sagte ein Sprecher des Senats nach der Rede; so etwas sei auch logistisch schwierig, weil sich die meisten Abgeordneten und Senatoren zur Zeit in ihren Heimatwahlkreisen aufhielten.

Luftschläge seien »morgen, nächste Woche oder in einem Monat effektiv«, sagte Obama in seiner Rede: Der Vorsitzende des Generalstabs habe ihn darüber informiert, dass die Streitkräfte bereitstünden und nur auf seinen Einsatzbefehl warteten. »Ich bin zuversichtlich, dass ich die Autorität habe, die Luftschläge ohne die Zustimmung des Kongresses anzuordnen. Aber diese Entscheidung wird mit dieser Zustimmung stärkeres Gewicht haben.«

Ob Obama allerdings tatsächlich einen Militäreinsatz ohne Zustimmung des UNO-Sicherheitsrates oder des Kongresses anordnen darf, ist umstritten: Dazu müsste die Sicherheit der Vereinigten Staaten unmittelbar bedroht sein. Zwar bemühte sich Außenminister John Kerry in seiner Rede am Freitag darum, auf dem Umweg über die Glaubwürdigkeit der US-Regierung, die durch ein Nicht-Handeln auf dem Spiel stehen würde, eine Gefahr für die Nationale Sicherheit herbei zu argumentieren, doch nach Ansicht von Rechtsexperten würde das nicht ausreichen. Bisher haben sich alle US-Präsidenten in vergleichbaren Fällen in irgendeiner Form den Angriffsbefehl legitimieren lassen: Sei es durch ein Votum des UNO-Sicherheitsrates, die Berufung auf NATO-Verträge oder eben durch den Segen des Kongresses.

Hinzu kommt, dass mehr als 100 Abgeordnete und Senatoren den Präsidenten in einem offenen Brief dazu aufgefordert haben, den Kongress zu konsultieren, nachdem Großbritanniens Premier das
Unterhaus zu Rate gezogen hatte (und dort gescheitert war). Damit stand die Gefahr im Raum, in Senat und Repräsentantenhaus Verbündete zu verlieren.

Doch auch Obamas Kehrtwende bietet Risiken: Kerrys Rede am Freitag hat die Skepsis der amerikanischen Öffentlichkeit nicht maßgeblich zerstreuen können, und auch viele Repräsentanten und Senatoren sind skeptisch. Wie eine Abstimmung im Kongress ausgehen wird, ist damit
völlig offen.

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