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Bleibt die Große Koalition im Amt?

SPÖ und ÖVP liegen in Umfragen nur knapp vorn

  • Hannes Hofbauer, Wien
  • Lesedauer: 3 Min.
Der Zieleinlauf bei der Nationalratswahl steht, nimmt man die Vorhersagen der Meinungsforscher ernst, fest. Unsicher bleibt die Anzahl der Parteien, die ins Parlament am Wiener Ring einziehen werden.

Mit 27 Prozent sieht das Meinungsforschungsinstitut OGM die Sozialdemokratische Partei Österreichs (SPÖ) als stimmenstärkste Partei, gefolgt von der Österreichischen Volkspartei (ÖVP) mit 22 Prozent und der rechtspopulistischen FPÖ mit 21. Den Grünen werden bei der Sonntagsfrage 14 Prozent und dem Team Stronach sechs Prozent vorausgesagt. Das wirtschaftsliberale Bündnis Zukunft Österreich (BZÖ) und die davon nur wenig unterscheidbare Gruppe NEOS liegen knapp an der für den Einzug ins Hohe Haus zu meisternden Vierprozenthürde. Die Kommunisten kommen nur auf einen Prozentpunkt.

Ein Wahlkampf, der über endlos lange und meist auch langweilige Debatten in allen Fernsehkanälen auf die Wählerschaft herabtröpfelte, hat dennoch einige bemerkenswerte Verschiebungen der Kräfteverhältnisse ergeben. Da ist zuerst die Rückkehr der rechten Wählerstimmen in den Schoß der FPÖ. Kurzzeitig war dem in Kanada mit seinem Magna-Konzern zum Milliardär gewordenen Frank Stronach zwar ein Resultat zwischen 12 und 15 Prozent zugetraut worden. Die meisten Stimmen hätte der 81-Jährige wohl der FPÖ abspenstig gemacht. Mit ihr teilt Stronach die rechte und nationalliberale Gesinnung, wobei der wesentliche Unterschied darin besteht, dass sich der Austro-Kanadier nie offen ausländerfeindlich gegeben hat. Mit seinen immer skurriler werdenden Fernsehauftritten hat er jedoch viel Sympathie verspielt. Stronachs Forderungen nach Einführung der Todesstrafe und Abschaffung der Gewerkschaften haben weitum Kopfschütteln ausgelöst. Zuletzt sagte er Fernsehauftritte einfach ab.

Wahlsystem Österreich

Aufgrund einer Veränderung des Wahlrechts wird in Österreich erstmals nach einer fünf- statt bisher vierjährigen Legislaturperiode gewählt. Bundesweit treten neun Parteien an. Wahlberechtigt sind alle Staatsbürger, die am Tag der Wahl das 16. Lebensjahr vollendet haben.

Insgesamt 183 Sitze werden nach dem Prinzip der Verhältniswahl vergeben, d.h. die Wahlberechtigten geben Stimmen für eine Partei ab. Die Reihung der Wahllisten kann aber mittels Vorzugsstimmen beeinflusst werden, indem neben der gewählten Partei auch der Name eines Kandidaten angegeben wird.

Der neugewählte Nationalrat ist vom Bundespräsidenten längstens innerhalb 30 Tagen nach der Wahl einzuberufen. nd

 

SPÖ und Grüne haben sich, verglichen mit dem Beginn des Wahlkampfs, umfragemäßig kaum bewegt. Für die Grünen wäre ein Ergebnis um 15 Prozent allerdings ein Erfolg. Sie gelten als einzige Antikorruptionspartei. Der bürgerlich-konservativen ÖVP hätte man vor zwei Monaten mehr zugetraut. Ihr und ihrem farblosen Spitzenkandidaten, Vizekanzler Michael Spindelegger, setzen das noch von Jörg Haider gegründete BZÖ und die vom Bau-Tycoon Hans Peter Haselsteiner (Strabag) finanzierte Unternehmerpartei NEOS zu.

Auf der Linken sieht es gewohnt traurig aus. Die KPÖ kann nirgends - außer bei Regionalwahlen in der Steiermark - auf ein nennenswertes Ergebnis hoffen. Ihr Spitzenkandidat Mirko Messner schlägt sich in den wenigen TV-Konfrontationen, in denen er zugelassen wird, wacker. Seine sozialpolitischen Argumente klingen zwingend, die Forderung nach Vergesellschaftung der Banken logisch. Einen Linksruck vermag er allerdings nicht auszulösen, was sowohl an einer vergleichsweise saturierten Wählerschaft liegt als auch an manch mehrdeutiger Haltung der KPÖ, beispielsweise in der Frage der EU und des Euro.

Sollten sieben Parteien (statt derzeit fünf) ins Parlament einziehen, könnte eine Neuauflage der SPÖ-ÖVP-Koalition, die politisch in der Luft liegt, rechnerisch nicht mehr zustande kommen. Meinungsforscher sehen die beiden einstigen Großparteien bei zusammen um die 50 Prozent. Eine der beiden wirtschaftsliberalen Kleinparteien BZÖ oder NEOS würde dann zum Zünglein an der Waage. Mit Haselsteiner von NEOS, der sich schon für den Posten des Wirtschaftsministers in Stellung zu bringen versucht, täte sich die SPÖ in jedem Fall leichter als mit dem BZÖ.

Aber auch die unwahrscheinlichere Alternative darf nicht übersehen werden, nämlich die Bündelung der rechten und konservativen Kräfte von ÖVP, Team Stronach, BZÖ und FPÖ. Solch eine Koalition wäre allerdings wohl von kurzer politischer Haltbarkeit, zumal FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache ins Zwielicht gerückt ist. Der politische Ziehsohn Haiders stolpert immer wieder über Verbindungen in die rechtsextreme Szene. Bei einem Auftritt am Montag in Graz sollen mehrere junge Männer und auch Strache selbst den Hitlergruß gezeigt haben.

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