Wissenschaftlerinnen für Neubelebung feministischer Kritik

Aufruf »für eine soziale, geschlechtergerechte und offene Gesellschaft« veröffentlicht

  • Lesedauer: 2 Min.

Berlin (nd). Mit einem Aufruf »für eine soziale, geschlechtergerechte und offene Gesellschaft« haben sich feministische Wissenschaftlerinnen in die Diskussion nach der Bundestagswahl eingemischt. Im Wahlkampf sei die Geschlechtergerechtigkeit kein Thema gewesen, heißt es in dem Appell, allenfalls habe die Frage eine Rolle gespielt, »wie der Anteil von Frauen in Aufsichtsräten erhöht werden kann und ob der Ausbau der Kinderbetreuung für unter Dreijährige dem Bedarf entspricht«. Dies sei jedoch keineswegs ausreichend, kritisieren die Unterzeichnerinnen, zu denen unter anderem die Hochschullehrerinnen und Wissenschaftlerinnen Gisela Notz, Irene Messinger, Hildegard Maria Nickel, Katharina Pühl und Brigitte Young gehören. »Deshalb halten wir eine feministische Kritik für dringlicher denn je und plädieren für ihre Neubelebung«, so der Aufruf, der als Offener Brief auch an Politiker übergeben werden soll.

In dem Appell wird unter anderen darauf verwiesen, dass Frauen weniger als Männer verdienten, Mütter deutlich mehr Zeit für die Familie aufbrächten als Väter, Mütter oft auf eine existenzsichernde Erwerbstätigkeit verzichten oder in prekären Verhältnissen und unter ihren beruflichen Qualifikationen arbeiten müssten, Rentnerinnen ein im Schnitt um 60 Prozent geringeres Einkommen hätten als Rentner, allein Erziehende und Familienernährerinnen häufig arm seien, Frauen sexuelle Belästigung und Gewalt erleben müssten sowie häufiger Opfer von Menschenhandel und Zwangsprostitution würden. »Diese Liste ließe sich um zahlreiche Aspekte erweitern. Sie macht deutlich, dass Geschlechterungleichheit sich als politisches Thema keinesfalls überholt hat«, so der Appell.

Geschlechterungleichheiten müssten »heute jedoch in einem breiteren gesellschaftlichen Zusammenhang diskutiert werden, der weit über die Geschlechterfrage – die Ungleichheit zwischen Frauen und Männern – hin-ausreicht«, heißt es in dem Aufruf weiter. Eine feministische Perspektive müsse daher »über die notwendige Überwindung von Geschlechterhierarchien und -vorurteilen« hinausgehen. Die Debatte um ein gemeinsames Leben in einer globalisierten Gesellschaft müsse »bei den sozialen, politischen, ökonomischen und kulturellen Rechten aller Menschen in dieser Gesellschaft ansetzen. Darin sind auch die gleichen Rechte von Frauen wie Männern eingeschlossen. Ökonomisierung und Prekarisierung sind keine Naturgewalten, sondern das Ergebnis politischer Entscheidungen«, heißt es in dem Aufruf, zu dem weitere Unterstützerinnen und Unterstützer eingeladen sind.

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