Ärzte finden Hinweise auf Polonium-Vergiftung Arafats

Al-Dschasira: Gutachten der Experten würde angeblich die Hypothese einer Vergiftung »mäßig stützen«

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Ramallah. Ein Schweizer Ärzteteam hat laut dem arabischen Fernsehsender Al-Dschasira Hinweise auf eine Vergiftung des verstorbenen Palästinenserführers Jassir Arafat mit Polonium gefunden. Das Gutachten der Experten stütze die Hypothese einer Vergiftung mit dem radioaktiven Element, meldete der Sender am Mittwoch, der den umfangreichen forensischen Bericht auf seiner Webseite veröffentlichte. Der langjährige PLO-Vorsitzende war im November 2004 in einem Militärkrankenhaus bei Paris im Alter von 75 Jahren verstorben.

Die Nachrichtenagentur AFP erfuhr aus informierten Kreisen in Ramallah, die Angaben von Al-Dschasira würden stimmen. Es sei geplant, zehn Tage abzuwarten, bevor die Ergebnisse öffentlich gemacht würden.

Laut dem Bericht von zehn Schweizer Experten fanden die vorgenommenen »neuen toxikologischen und radio-toxikologischen Untersuchungen« ein »unerwartet hohes Niveau von Polonium-210- und Blei-201-Aktivität« in den untersuchten Proben. Zusammenfassend heißt es in der englischsprachigen Untersuchung, die Ergebnisse würden die These »mäßig stützen« (moderatedly support), wonach Arafats Tod die Folge einer Vergiftung mit Polonium-210 gewesen sei. Laut dem Bericht ist »mäßig stützen« die zweithöchste Bestätigung einer These.

Laut Al-Dschasira heißt es in dem 108-seitigen Gutachten weiter, in Arafats Rippen, seinem Becken und in der Erde um seinen Leichnam habe die Konzentration von Polonium 18 Mal höher als normal gelegen. Demnach bestätigen die Daten der Ärzte zu bis zu 84 Prozent die These einer Polonium-Vergiftung. Der forensische Pathologe David Barclay sagte dem Sender, es sei praktisch sicher, dass Arafat im November 2004 ermordet worden sei. »Wenn ich Richter und Jury wäre, wäre dies absolut eiskalt klar«, sagte Barclay.

Nach dem Tod Arafats am 11. November 2004 wurde auf Bitte seiner Witwe Suha keine Autopsie vorgenommen. Die genaue Todesursache blieb daher unklar. Nachdem Experten im Auftrag von Al-Dschasira an persönlichen Gegenständen Arafats Polonium gefunden hatten, erstattete Suha im Juli 2012 in Frankreich Anzeige. Im November wurden die sterblichen Überreste Arafats in Ramallah exhumiert. Die Palästinenser verdächtigen Israel seit Jahren, ihren früheren Präsidenten vergiftet zu haben. Israel weist dies zurück.

Der für die Ermittlungen verantwortliche palästinensische Beamte, Tawfik Tirawi, hatte am Dienstag gesagt, er habe den Schweizer Bericht erhalten, wollte die Ergebnisse zunächst aber nicht öffentlich machen. Die palästinensische Nachrichtenagentur WAFA meldete, eine getrennte russische Untersuchung habe ebenfalls ihre Ergebnisse am 2. November eingereicht. Die bei der Exhumierung Arafats entnommenen 60 Proben waren zwischen dem Schweizer, dem russischen und einem dritten französischen Expertenteam aufgeteilt worden. AFP/nd

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