Friedensbewegung kritisiert Westen

Forscher: EU hat russische Interessen ignoriert

  • Johanna Treblin
  • Lesedauer: 3 Min.
In einem Positionspapier zur Krise in der Ukraine kritisiert der Friedensratschlag, der Westen habe sich leichtfertig hinter die Opposition gestellt.

Auf dem Maidan in der ukrainischen Hauptstadt Kiew ist rechte Symbolik deutlich sichtbar: Auf gelben Armbinden prangt die von Rechtsradikalen häufig genutzte Wolfsangel, auf Mützen das Hammerkreuz. Dass die Rechten nicht alleine für den Sturz der ukrainischen Regierung verantwortlich waren, ist unbestritten - es waren die Bürger, die von der Regierung unter Viktor Janukowitsch ihre demokratischen Rechte immer stärker eingeschränkt sahen. Doch auch in der Übergangsregierung ist rechter Einfluss nicht zu übersehen: Drei Mitglieder gehören der rechtspopulistischen Partei Swoboda an.

Der Westen ist an dieser Entwicklung nicht unschuldig, kritisiert die deutsche Friedensbewegung. »Der Westen scheute sich nicht, sich von Anfang an demonstrativ hinter die Opposition in Kiew zu stellen - ohne zu fragen, wer denn diese Opposition bildet«, heißt es in einer Stellungnahme des Bundesausschusses Friedensratschlag von dieser Woche. Die mangelnde Legitimität der Übergangsregierung mache es Russland nun leicht, den Dialog mit ihr abzulehnen.

Auslöser der Krise war das Angebot eines Partnerschaftsabkommens zwischen der EU und der Ukraine. Das militärische Aufbegehren Russlands auf der Krim beruhe auf keiner rechtlichen Grundlage, heißt es in dem Papier. »Wir weisen aber darauf hin, dass die russischen Maßnahmen nur vor dem Hintergrund der massiven Einmischung des Westens in die inneren Angelegenheiten der Ukraine zu verstehen sind.«

Zurückhaltender äußerte sich am Freitag der Friedensforscher Matthias Dembinski: »Was man der EU vorwerfen muss, ist, im Vorfeld der Krise nicht hinreichend russische Bedenken und Interessen in Rechnung gestellt zu haben.« Die EU hätte vor allem das Partnerschaftsabkommen umfassend mit Russland besprechen müssen, so der Mitarbeiter der Hessischen Stiftung Friedens- und Konfliktforschung. Die Möglichkeiten des Westens, die Krise zu lösen, bezeichnete er als gering. »Wir müssen uns freimachen von der Vorstellung, dass es externen Akteuren immer gelingen kann, komplexe soziale Veränderungen zu steuern.«

Dembinski warnte zudem die Große Koalition davor, einen neuen, aggressiveren Kurs in der Außenpolitik einzuschlagen. »Natürlich haben die militärischen Interventionen, über die die Politik jetzt redet, wenig mit den großen kriegerischen Tragödien des letzten Jahrhunderts zu tun. Richtig aber ist, dass militärische Interventionen der letzten Dekade nur einen sehr begrenzten Nutzen hatten.«

Um in dem »schweren europäischen Konflikt« eine Eskalation zu vermeiden, dürfen Verbindungen zwischen den Konfliktparteien auf keinen Fall abreißen, warnt seinerseits in einem Diskussionspapier Andreas Buro vom Komitee für Grundrechte und Demokratie. Dabei könnte die OSZE eine »revitalisierende Rolle« spielen. Den Vorschlag unterstützt der Friedensratschlag: Der Bundesregierung komme eine besondere Verantwortung zu, da sie » durch ihre permanente Einmischung in die Angelegenheiten der Ukraine wesentlich zur gegenwärtigen Krise beigetragen hat«.

Der Friedensratschlag fordert in seinem Papier außerdem, dass rechtsextreme und faschistische Kräfte aus der ukrainischen Übergangsregierung ausgeschlossen werden, die faschistischen Kräfte entwaffnet werden und die Morde durch Scharfschützen auf dem Maidan durch eine unabhängige Partei untersucht werden. Darüber hinaus müssten einseitige Maßnahmen zur Sezession der Krim verhindert werden und alle Seiten die Bündnisfreiheit der Ukraine akzeptieren. Streitkräfte müssten zurückgezogen und Rüstungsexporte gestoppt werden.

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