Studie: DGB hat Trendwende noch nicht geschafft

Gewerkschaften haben wichtige Erfolge erzielt - aber noch ungelöste Probleme / Rolle des DGB künftig stärker?

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Berlin. Laut einer Studie der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung haben die DGB-Gewerkschaften »die Trendwende noch nicht geschafft«. Zwar hätten die Organisationen in den vergangenen Jahren »einige für sie wichtige Erfolge« erzielt und zum Beispiel mehrheitlich »den Mitgliederschwund vorläufig gestoppt«. Es blieben »aber auch ungelöste Probleme«, heißt es in der Studie von Heiner Dribbusch und Peter Birke, die an eine im Frühjahr 2012 veröffentlichte Bilanz zu den Gewerkschaften in Deutschland anknüpft. Am Sonntag beginnt der DGB-Bundeskongress, bei dem auch ein Nachfolger für den scheidenden Dachverbands-Chef Michael Sommer gewählt wird. Es gilt als sicher, dass Reiner Hoffmann das Amt übernimmt.

Die Organisierung des privaten Dienstleistungsbereichs bleibe »nach wie vor die größte Herausforderung«, schreiben Dribbusch und Birke weiter. Auf der Habenseite könnten DGB, NGG und Ver.di ihre Mindestlohnkampagne verbuchen, die ihnen »einen lange nicht mehr erzielten politischen Erfolg beschert« hätte. Auch die Leiharbeitskampagne der IG Metall habe einen wichtigen Anstoß zur Thematisierung prekärer Arbeitsbedingungen gegeben. Nicht zuletzt sei die Sichtbarkeit der Gewerkschaften dadurch gestärkt worden, »dass die Kernbereiche der Exportindustrie relativ unbeschadet über die Krise kamen«.

Zugleich sei »die aktuelle gewerkschaftliche Politik nicht frei von Ambivalenzen und Zielkonflikten, die immer wieder auch zu kontroversen Diskussionen führen«, heißt es in der 33-seitigen Studie. »Die Bemühungen von IG Metall und IG BCE um eine Stärkung der Exportindustrie stehen teilweise in Konkurrenz zu Konzepten von ver.di, die auf stärkere öffentliche Investitionen im Dienstleistungsbereich zielen.« Mit Blick auf die Große Koalition hätten sich die DGB-Gewerkschaften »bislang auf eine Strategie verständigt, die die Politik dieser Regierung mitgestalten will anstatt in Opposition zu ihr zu stehen«. Innerhalb des Dachverbandes würde die Einschätzung dominieren, »dass die gesellschaftlichen Kräfteverhältnisse derzeit nicht ausreichen, um eine grundlegende Verschiebung der sozialen Verhältnisse im Sinne einer sozialen Umverteilung zu erreichen«. Zugleich erwarteten die im DGB organisierten Gewerkschaften, »dass die Regierung zumindest keine Verschärfung der sozialen Lage angestrebt und der Niedriglohnsektor« nunmehr eingedämmt werde. »Es bleibt abzuwarten, ob sich diese Einschätzungen bewahrheiten«, so die Autoren der Studie.

Nach Ansicht von Dribbusch und Birke könnte es zu einer dezenten »Verschiebung in der Arbeitsteilung innerhalb der DGB-Gewerkschaften« kommen, bei der die Rolle des DGB als Dachverband »etwas stärker akzentuiert« wird. »Ob und in welchem Sinne dies eine Politisierung der Gewerkschaftspolitik mit sich bringen wird, ist allerdings zurzeit noch völlig offen. Die Grundpfeiler der Austeritätspolitik scheinen auch in der neuen Regierung noch immer relativ haltbar zu sein.« nd

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