Brüssel: Festnahme nach Anschlag auf Jüdisches Museum

Drei Tote zu beklagen / Innenministerin und Organisationen: Verdacht auf antisemitischen Hintergrund / Mann stürmt ins Gebäude und eröffnet das Feuer

  • Lesedauer: 3 Min.

Brüssel. Ein Bewaffneter hat im Jüdischen Museum in Brüssel am Samstag drei Menschen erschossen. Ein weiterer Mensch wurde bei der Bluttat am Tag vor der Parlamentswahl und der Europawahl in Belgien schwer verletzt, wie Innenministerin Joëlle Milquet erklärte. Milquet zufolge wurden zwei Frauen und ein Mann erschossen. Zwei der drei Todesopfer des Anschlags im Jüdischen Museum in Brüssel sind einem Bericht der Zeitung »Haaretz« zufolge Israelis. Die Zeitung berief sich am Sonntag auf Angaben ungenannter israelischer Quellen. Offiziell wurde die Identität der Opfer bisher nicht mitgeteilt. Ein Mann habe das Museum betreten und »ziemlich schnell wahllos das Feuer eröffnet«. Das Areal um das Museum in der Brüsseler Innenstadt wurde abgesperrt. Innenministerin Joëlle Milquet sagte, der Ort dieses Attentats lege den Verdacht nahe, dass es einen antisemitischen Hintergrund gebe. Zwar sei es für eine abschließende Bewertung noch zu früh, erklärte die Ministerin mit Blick auf einen möglichen antisemitischen Hintergrund der Tat. Aber der Tatort sei »nicht unerheblich«, fügte sie hinzu.

Inzwischen haben die Behörden eine erste Festnahme bekannt gegeben. »Es gibt eine Person, die den Ort (der Schießerei) in ihrem Auto verlassen hat. Wir haben sie identifiziert und festgenommen«, sagte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft am Samstagabend. Es sei aber noch unklar, ob »sie etwas mit der Tat zu tun« habe, die Vernehmung sei im Gange.

Der Sender RTBF zitiert den Präsident der belgischen Liga gegen den Antisemitismus, Joel Rubinfeld, mit den Worten, es handele sich um einen »terroristischen Akt«. Der Mörder sei bewusst in ein jüdisches Museum gekommen. »Das musste leider geschehen«, beklagte Rubinfeld. Es sei zuletzt immer leichter möglich gewesen, antisemitische Parolen zu äußern. Die Tat sei »das Ergebnis eines Klimas, das Hass verbreitet«. Auch der Rat der Juden in Belgien gab an, es handle sich »wahrscheinlich um einen Terrorakt«. Der Tageszeitung »La Libre« teilte die Organisation aber mit, es habe zuletzt keine Drohungen gegen das Museum gegeben. Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu verurteilte die Tat als Folge der fortwährenden Aufstachelung gegen Juden, zitierte ihn die »Jerusalem Post«.

Ein Augenzeuge sagte der Nachrichtenagentur AFP, er habe direkt hinter der Eingangstür im Innern des Museums die Leichen einer jungen Frau - möglicherweise eine »Touristin« - und eines Manns liegen sehen. Der Kopf der Frau sei blutüberströmt gewesen. Etwas weiter im Museum habe der Mann gelegen; ein Feuerwehrmann habe seinen Puls gefühlt, »aber ich denke, er war tot«, sagte der Augenzeuge.

Das Museum hatte vor neun Jahren seine Pforten geöffnet. Es hat eine bedeutende Sammlung mit Objekten der jüdischen Tradition. Das Bluttat überschattet die Parlaments- und Europawahlen in Belgien, die für den Sonntag geplant sind. Außenminister Didier Reynders, der sich im selben Stadtviertel aufhielt, zeigte sich im Kurzbotschaftendienst Twitter »schockiert von den Morden«. Agenturen/nd

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