Hochwasseropfer leiden an Papierflut

Hilfsorganisationen beklagen Bürokratie bei Schadensbeseitigung - und mahnen zu Katastrophenvorsorge

  • Hendrik Lasch, Dresden
  • Lesedauer: 2 Min.
Im Juni 2013 wurden viele Regionen Deutschlands von Hochwasser überflutet. Ein Jahr später sind viele Schäden noch nichts beseitigt - und Betroffene resignieren.

Die Trockner laufen noch immer, und in vielen Häusern werden jetzt erst die nassen Fußböden heraus gerissen: Ein Jahr nach dem Hochwasser vom Juni 2013 kommt der Wiederaufbau mancherorts nur schwer in Gang. Zudem werden den Betroffenen zusätzliche Hürden in den Weg gestellt - in Form von Bürokratie bei der Beantragung staatlicher Hilfsgelder. »Viele scheitern daran«, sagte Dietmar Link von der Johanniter-Unfallhilfe in Sachsen bei einer Bilanz der »Aktion Deutschland hilft«. Der Zusammenschluss von 22 Hilfsorganisationen hatte nach der Flut 39,5 Millionen Euro gesammelt, ein Viertel der 159 Millionen Euro, die in Deutschland für Hochwasseropfer gespendet wurden. Das Geld floss in Sandsäcke und Pumpen, in das Entrümpeln, Sanieren und Trocknen von Häusern, aber auch in psychosoziale Betreuung und Beratung.

Vor allem letztere erweise sich als wichtig, weil »viele Menschen ziemlich am Ende sind«, sagt Dirk Biereige, Projektkoordinator Fluthilfe beim Arbeitersamariterbund. Viele fühlten sich »von der Bürokratie erschlagen«. Er verweist auf Auflagen, wonach vor der Schadensbeseitigungen mehrere Gutachten und Angebote von Handwerkern einzuholen seien. Auch hätten Betroffene Angst vor späteren Rückforderungen. »Das sind Gründe, warum bisher so wenig Anträge auf Einzelfallhilfe gestellt wurden«, sagt Link. Er weist darauf hin, dass Anträge auf Hilfsgelder nur noch bis Dezember 2014 gestellt werden dürfen.

Die Hilfsorganisationen erinnerten daran, dass die Politik nach der Flut schnelle und unbürokratische Hilfe versprochen habe. Der sächsische Umweltminister Frank Kupfer (CDU) hatte gestern erklärt, die Verfahren seien »so einfach wie möglich und so kompliziert wie nötig«. Link räumt ein, dass Regularien für die Vergabe der Gelder notwendig seien: »Es handelt sich schließlich um Mittel, die nur treuhänderisch verwaltet werden.« Auch wirkten viele Klauseln »auf dem Papier nicht schlimm«. In der Praxis aber erwiesen sie sich teils als schwierig zu handhaben. Die Organisationen regen an, Regelungen zu vereinfachen. Zudem solle es Betroffenen selbst überlassen bleiben, ob sie Firmen beauftragen oder selbst Hand anlegen. In Zukunft sollten Bürger, Firmen und Vereine zudem mehr eigene Katastrophenvorsorge betreiben; der Staat solle dies fördern, sagt Sven Seifert vom Dresdner Verein »arche nova«: »Im Ausland setzt sich die Bundesrepublik für so etwas ja schon lange ein.«

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