Junge Japaner sehen schwarz

Nur knapp 66 Prozent der 13- bis 29-Jährigen schauen optimistisch in ihre Zukunft

  • Susanne Steffen, Tokio
  • Lesedauer: 3 Min.
Japans Jugend sieht ihre Zukunft pessimistisch. Zumindest im Vergleich zu anderen Industrieländern. Der Generationenkonflikt in einer überalterten Gesellschaft ist einer der wichtigsten Gründe.

Überschäumender Optimismus sieht anders aus: »Glauben Sie, dass Sie glücklich sein werden, wenn Sie 40 Jahre alt sind?« Auf diese Frage antworteten nur knapp 66 Prozent der jungen Japaner zwischen 13 und 29 Jahren mit »ja« oder »wahrscheinlich«. In Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Schweden, den USA und Südkorea blicken dagegen über 80 Prozent der Befragten zuversichtlich in ihre Zukunft. Das ist das Ergebnis einer von der japanischen Regierung Ende 2013 unter 7400 Jugendlichen in sieben Ländern durchgeführten Umfrage.

Auch die etwas allgemeiner formulierte Frage, ob sie daran glaubten, dass ihre Zukunft rosig sein wird, wollten nur knapp 62 Prozent der japanischen Jugendlichen mit »Ja« beantworten. In allen anderen Ländern glaubten zwischen 80 und 90 Prozent, dass ihnen eine gute Zukunft bevorsteht.

Es ist nicht das erste Mal, dass bei Japans Jugend zu wenig Optimismus diagnostiziert wird. Erst im vergangenen September hatte das Wohlfahrtsministerium eine Umfrage unter Japanern zwischen 15 und 39 Jahren veröffentlicht, in der die Jugend die Zukunft ihrer Heimat schwarz malt. Fast die Hälfte der Befragten hatte erklärt, dass sie nicht glaubt, dass Japan eine rosige Zukunft habe.

Gefragt nach Gründen für ihren Pessimismus, gab die große Mehrheit an, wegen der gigantischen Staatsverschuldung müsse ihre Generation mit erheblichen Einbußen in der medizinischen Versorgung und bei den Rentenzahlungen rechnen. Gleichzeitig werde die Steuer- und Sozialversicherungslast enorm steigen. Laut einer Umfrage der Zeitung »Asahi« von Dezember glauben mehr als 80 Prozent der heute 20- bis 40-Jährigen nicht, dass sie im Alter von der staatlichen Rente überleben können.

Japan hat mit etwa 240 Prozent des Bruttoinlandsprodukts die mit Abstand höchste Staatsverschuldung der industrialisierten Welt. Nicht zuletzt auch, um damit den demografischen Wandel der am schnellsten alternden Gesellschaft der Welt zu finanzieren - auf Kosten der heutigen Jugend.

Immer mehr Experten machen den Interessenskonflikt zwischen den Generationen für den Pessimismus der Jugend verantwortlich. »Wenn immer mehr Menschen ihren Optimismus verlieren, destabilisiert das die Gesellschaft«, warnt der Sozialwissenschaftler Masahiro Yamada. Neben dem Rentensystem macht Yamada auch den rigiden japanischen Arbeitsmarkt für den Pessimismus verantwortlich. Schon mit der ersten Anstellung nach der Ausbildung werde der Lebensweg festgelegt. Wer beim ersten Mal keine Festanstellung finde, werde sehr wahrscheinlich für den Rest seines Lebens in Teilzeit arbeiten und seine Zukunft entsprechend pessimistisch sehen. Angesichts der wachsenden Zahl von jungen Menschen in irregulären Arbeitsverhältnissen habe sich längst eine neue Klasse der Zukunftspessimisten gebildet, so Yamada.

Japans Jugend mag die pessimistischste sein, doch nachlassender Optimismus in der jungen Generation ist offenbar ein gemeinsames Phänomen aller Industrieländer. Kürzlich kam eine Studie der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) zu dem Ergebnis, dass junge Menschen in der industrialisierten Welt weit weniger Optimismus zeigen als in den Schwellenländern. Offenbar haben junge Leute in Industrieländern das Gefühl, ihr Land hätte seine besten Tage bereits hinter sich, hieß es in der Studie.

Trotz allem gibt die neue japanische Studie aber auch Anlass zur Hoffnung: In keinem der sieben Länder gab es mehr Jugendliche als in Japan, die etwas für ihr Land tun wollten. Knapp über die Hälfte der Japaner wollte sich für seine Heimat engagieren.

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